Neuburger Rundschau

Horror-Unfall auf dem Balkon

Eine 29-jährige Frau überlebte den Sturz von einem Balkon in Königsmoos mit viel Glück. Waren die Marmorplat­ten geeignet? Ein Freund steht jetzt vor dem Amtsgerich­t Neuburg.

- Von Winfried Rein

Sie ist plötzlich durch den Balkon durchgebro­chen und drei Meter tief auf den Betonboden gestürzt. Einer 29-jährigen Frau aus Königsmoos ist dieser Horror-Unfall passiert. Sie hat ihn mit viel Glück überlebt. Ein Freund des Vaters hatte seinerzeit die roten Marmorplat­ten bestellt und mitverlegt. Jetzt steht er wegen fahrlässig­er Körperverl­etzung vor Gericht.

Die Verhandlun­g im Amtsgerich­t Neuburg ist nicht unkomplizi­ert. Es geht um Statik, Frostsiche­rheit und Belastbark­eit bestimmter Marmorplat­ten. Der Vorsitzend­e Richter Christian Veh will einen Gutachter hören und den Prozess später fortsetzen. Eine Einstellun­g des Verfahrens gegen

Geldauflag­e lehnte Verteidige­r André Schneeweiß ab. Es geht auch um hohe Schmerzens­geldansprü­che der geschädigt­en Frau.

Unter Tränen schilderte die heute 30-Jährige im Gericht den schmerzlic­hen Vorfall. Als sie eines Tages im Herbst 2022 auf ihren Balkon trat, „ist unter mir einfach der Boden weggebroch­en“. Ein Loch von einem auf einem Meter Größe war aufgerisse­n. Die junge Frau schlug auf Beton auf, erlitt Knochenbrü­che, viele Prellungen und einen Milzriss. Sie war bewusstlos, als sie die Helfer mit einem Hubschraub­er in die Klinik flogen. Das Unglück macht ihr heute noch das Leben schwer. Sie meide Höhen, könne nicht unter Brücken durchgehen und müsse gegen posttrauma­tische Störungen behandelt werden.

Der Abstand zwischen Unfall und Plattenver­legung spielt eine Rolle – es handelt sich um 16 Jahre. Es war ein Freundscha­ftsdienst gewesen, als 2006 der heute 54-jährige Vertreter für Naturstein­e den roten Marmor für den Balkon

empfohlen hatte („Ich habe einen Super-Stein“). Vor Gericht betonte der Angeklagte jetzt: „Ich habe mich bei mehreren Firmen informiert, dass die Marmorplat­ten frostsiche­r sind.“Dass er die Platten seinerzeit nicht nur mit dem Gabelstapl­er angehoben, sondern auch mitverlegt hat, daran erinnerte er sich erst im Gerichtssa­al nach einem deutlichen Hinweis des Vaters der Geschädigt­en.

Die beiden sind weiterhin befreundet. „Diese Freundscha­ft muss auch nicht in die Brüche gehen“, findet Amtsgerich­tsdirektor Veh, aber die Frage von Fahrlässig­keit sei auf jeden Fall zu klären. Für den nach dem Unfall eingeschal­teten Gutachter der Dekra war der Fall klar: Die verwendete­n Platten seien als freitragen­der Balkonbela­g nicht geeignet. In der Fachwelt würden sie weitgehend als nicht frostsiche­r beschriebe­n. Im fraglichen Wohnhaus in Königsmoos seien sie auf eine Stahlkonst­ruktion mit verzinkten Trägern mit zwölf und 6,5 Zentimeter Breite und einem Meter Abstand verlegt worden. Es seien jeweils zwei Platten (zwei Zentimeter stark) aufeinande­rgelegt worden. Der Sachverstä­ndige schreibt in seiner Analyse von einer „statisch nicht sicheren Konstrukti­on“.

Verteidige­r Schneeweiß bezeichnet­e das Dekra-Gutachten als „Katastroph­e“. Er zitierte die Produktbes­chreibunge­n mehrerer italienisc­her Hersteller, die die Marmorplat­ten als „eindeutig frostbestä­ndig“und für den Außenberei­ch als geeignet schildern. „Deshalb wollen wir einen Freispruch“, so der Anwalt.

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Foto: Andreas Zidar (Archivbild) Ein schwerer Unfall auf einem Balkon wird vor dem Neuburger Amtsgerich­t verhandelt.

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