Schulleitung akzeptiert Sparkurs nicht
Der Landkreis streicht die geplante Erweiterung des Neuburger Gymnasiums. Das stößt in der Schule auf wenig Verständnis. Schulleiter Seyberth will persönlich etwas klarstellen.
Bis vor wenigen Wochen herrschte am Descartes-Gymnasium Zuversicht. Endlich gab es einen Masterplan, wie die miserable Situation der Chemie- und Physikräume beendet werden kann. Der geplante Erweiterungsbau im Pausenhof war greifbar nahe, die Grundstücksverhältnisse mit dem Studienseminar waren endlich geklärt. Doch die Zuversicht ist dahin. Der Sparkurs des Landkreises hat die Baupläne für das Gymnasium in weite Ferne gerückt. Das aber wollen Schulleitung und Elternbeirat nicht einfach hinnehmen.
Schulleiter Peter Seyberth ist enttäuscht und auch verstimmt. Enttäuscht ist er, weil weiter nichts passieren wird, obwohl die baulichen Mängel im Haus offensichtlich und massiv sind. Verstimmt ist er, weil in der Öffentlichkeit durch den Kreistag der Eindruck erweckt wurde, dass er selbst das Interesse an einer Modernisierung der Schule verloren habe. Seyberth geht 2025 in Pension. „Dass ich das Projekt deshalb nicht mehr angehen will, das weise ich weit von mir“, sagt Seyberth im Gespräch mit dieser Redaktion. „Ich möchte meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin allerdings nicht ein Gebäude ohne Raumplanung und ohne Gesamtkonzept für die gesamte Schule hinterlassen.“Und er fügt an: „Es wird Zeit, dass das Neuburger Gymnasium endlich an erste Stelle rückt.“
Seitdem er 2012 die Leitung des Descartes mit insgesamt rund 1000 Schülern übernommen hat, steht die Sanierung des Gymnasiums immer wieder auf der Tagesordnung. Ein umfangreiches Konzept des Architekturbüros Obel aus dem Jahr 2018 sah vor, dass im hinteren Teil des Pausenhofs ein neues Gebäude entstehen soll. Dort sollten die Unterrichtsräume der Naturwissenschaften einziehen. Dem sollte sich Abriss und Neubau weiterer Trakte in den Folgejahren anschließen. 40 Millionen Euro war damals die Kostenschätzung, damit das Descartes-Gymnasium bis November 2034 Neubau-Standard
hat und die Anforderungen an moderne Unterrichtsformen erfüllen kann.
Doch dieser Plan liegt in der Schublade. Der Neubau der PaulWinter-Realschule oder die Sanierung des Gymnasiums Schrobenhausen kamen dazwischen. „Jetzt hatten wir das Gefühl, die Lösung rückt in greifbare Nähe, wir sind endlich dran“, sagt Seyberth. Doch Ende Februar wurde er darüber informiert, dass die Bautätigkeit nicht vor 2029 beginnen könnte. Es fehle das Geld.
Auch der Elternbeirat ist angesichts der Entwicklungen mit seiner Geduld am Ende. „Wir geben uns nicht mehr damit zufrieden, dass wir hinten angestellt werden“, sagt die stellvertretende Vorsitzende Franziska Hildebrandt. Auch das Versprechen, dass die Schulgemeinschaft aktiv bei der Planung eingebunden werden soll, wurde nicht gehalten. „Wir haben viel Zeit darauf verwendet, eigene Ideen zu entwickelt. Doch es kam nie dazu, dass wir sie einbringen“, sagt sie. Ihre Kollegin Claudia Heßlinger stellt sich klar hinter den
Schulleiter: „Meiner Meinung nach ist die Pensionierung des Schulleiters als Grund für die Zurückstellung des Neubaus eine Alibi-Aussage.“
Die Notwendigkeit zu handeln ist Konsens: In den Chemieräumen sind die Gasleitungen marode und deshalb abgestellt. Versuche sind „nur aufgrund äußerster Kreativität der Lehrer“möglich. Die Elektronik
ist ebenfalls abgeklemmt, da eine aufwendige Reparatur aufgrund der Baupläne immer als unwirtschaftlich verschoben wurde. „Wir machen Chemie- und Physikunterricht auf Stühlen aus den 60er-Jahren. Versuche und Experimente, wie der Lehrplan es vorsieht, sind nicht möglich“, sagt Thorsten Hirschmann, Physiklehrer und Mitarbeiter der Schulleitung.
Werner Widuckel, Bildungsreferent
im Kreistag und zuständig für alle weiterführenden Schulen im Landkreis, versteht den Unmut am Gymnasium und sieht ebenfalls massiven Handlungsbedarf. „Es ist alles etwas unglücklich gelaufen“, beschreibt er den Planungsprozess. Landkreisverwaltung und Schule hätten wohl jeweils aufeinander gewartet und das Projekt sei ins Stocken geraten. „Wir suchen jetzt weiter nach einer Lösung“, versichert Widuckel, der sich persönlich einbringt. Es laufen Gespräche zwischen Bauamt und Schulleitung. Auch Landrat Peter von der Grün sei mit im Boot.
Neuburgs Oberbürgermeister Bernhard Gmehling hält die Entscheidung, den Neubau zu verschieben, „unter den gegebenen Möglichkeiten“als „vollkommen richtig“. Der Denkfehler liege seiner Meinung nach darin, dass man „immer eine große Lösung“sucht und am Ende gar nichts passiert. „Die Physik- und Chemieräume müssten seit Jahren saniert und die Leitungen erneuert werden. Damit wäre der Schule auch schon geholfen“, so seine Empfehlung.
In den Chemiesälen sind die Leitungen marode.