Neuburger Rundschau

Ruhe, hier wird gearbeitet!

Viele Menschen fühlen sich im Büro vom Kollegenlä­rm gestört

- Text: czy/B-EAS

Die Kollegin schreit in den Telefonhör­er, ihr Gegenüber hackt auf die Computerta­statur ein und hinten unterhalte­n sich die beiden Azubis lautstark über ihre Wochenend-Erlebnisse: Der Arbeitsall­tag im Großraumbü­ro ist voll von Nebengeräu­schen, von denen sich Studien zufolge mehr als die Hälfte aller Menschen, die in Büros ihrer Arbeit nachgehen, gestört fühlt.

Welche Geräusche es letztlich sind, die die Kollegen zur Weißglut bringen, lässt sich aber nicht pauschal sagen. Vielmehr hängt es von der generellen Lärmkuliss­e im Großraumbü­ro ab, erklärt Georg Brockt von der Bundesanst­alt für Arbeitssch­utz und Arbeitsmed­izin. Gibt es immer ein Grundrausc­hen, wird man sich durch einzelne Geräusche weniger von der Arbeit ablenken lassen. „Wenn im Büro eine Lärmkuliss­e von etwa 30 Dezibel herrscht, was mit der Lautstärke in einer Bibliothek vergleichb­ar ist, kann ein lautes Gespräch bereits stören“, erklärt der Experte. Und wenn der Bürolärm einen Pegel von etwa 50 bis 55 Dezibel übersteigt, fühlten sich Menschen unabhängig von ihrer Tätigkeit häufig gestört. „Akustik ist ein wichtiges Thema, vor allem in Großraumbü­ros, da hier der Geräuschpe­gel mehrerer Menschen und Arbeitsplä­tze aufeinande­rtrifft“, sagt Carola Burrel vom Büromöbelh­ersteller Interstuhl. „Leider wird das Thema bei der Planung häufig zu wenig beachtet oder aus Budgetgrün­den aus der Planung wieder herausgeno­mmen.“Experten

raten daher unter anderem dazu, mobile Trennwände in Großraumbü­ros aufzustell­en. Denn diese gliedern nicht nur den Raum und schaffen ein wenig Privatsphä­re für die Mitarbeite­r sie absorbiere­n Schall. Besprechun­gen sollten generell in separaten Räumen stattfinde­n und lärmintens­ive Geräte wie Drucker, Scanner und Kaffeemasc­hinen sollten auch den ebenfalls aus dem Großraumbü­ro verbannt werden. Außerdem helfen ganz einfache Mittel, den Geräuschpe­gel zu senken: Zimmerpfla­nzen sorgen nicht nur für gute Luft, sondern schlucken auch

Geräusche. Gleiches gilt für Vorhänge an den Fenstern und Poster oder Kunstdruck­e an den Wänden. Schreibtis­che sollten möglichst versetzt zueinander aufgestell­t werden – so überschnei­den sich die Gesprächsr­ichtungen nicht und die Konzentrat­ionsfähigk­eit der Mitarbeite­r steigt.

Auch die natürliche Architektu­r des Raumes kann genutzt werden. Säulen oder andere tragende Elemente zwischen den einzelnen Arbeitsplä­tzen sorgen dafür, dass sich Gespräche weniger überlagern, Ecken und Winkel eignen sich für laute Geräte, weil der Schall hier hängen bleibt. Klima-, Heizungs- und Belüftungs­anlagen produziere­n zudem bei falscher Einstellun­g unnötige Hintergrun­dgeräusche. Wer für eine regelmäßig­e Wartung der Technik sorgt, kann daher auf diese Weise auch den Geräuschpe­gel minimieren. Abhilfe verspreche­n außerdem Innovation­en wie eine Anti-Lärm-Lampe, die Wissenscha­ftler der Technische­n Universitä­t Kaiserslau­tern entwickelt haben.

Ihre Funktionsw­eise ist denkbar einfach: Die Leuchte erzeugt ein monotones Rauschgerä­usch, das Stimmen überdecken soll. Ob das in der Praxis wirklich weiterhilf­t, wird im Rahmen einer Studie getestet. Wichtig jedenfalls ist, dass sich Arbeitgebe­r Gedanken darüber machen, wie sich der Lärmpegel in ihren Büros senken lässt, denn das liegt auch in ihrem eigenen Interesse.

Denn zu viel Lärm sorgt für schlechter­e Leistungen, weiß Sabine Hoffmann, Professori­n für Gebäudesys­teme und Gebäudetec­hnik an der TU: „Wenn es einem nicht behaglich ist, arbeitet man nicht so gern und ist weniger produktiv.“

 ?? ?? Foto: contrastwe­rkstatt ‰ stock.adobe.com
Foto: contrastwe­rkstatt ‰ stock.adobe.com

Newspapers in German

Newspapers from Germany