Neuburger Rundschau

Mal laut und dann wieder ganz leise

Der niederbaye­rische Liedermach­er und Kabarettis­t erzählt in seinem Programm „Ernsthaft!?“Geschichte­n aus seinem Leben. Dem Publikum in Schönesber­g gefällt’s.

- Von Annemarie Meilinger

Eigentlich sei das schlecht für einen Liedermach­er, sagt Mathias Kellner, „wenn man so gern redt wia i“. Denn die Musik könnte zu kurz kommen in seinem Programm „Ernsthaft!?“Doch es gibt so viele Geschichte­n, die erzählt werden müssen. Das sind Geschichte­n aus dem Leben des 39-jährigen Musikers, die den Besuchern im Dafernersa­al die Lachtränen in die Augen treiben. Und das ist seine Musik, die den proppenvol­len Saal ganz leise werden lässt – es ist ein Wechselbad der Stimmungen.

Gecoverte 70er-Jahre-Lovesongs, „bei denen du mit zwei Füßen im Schmalz stehst“, wechseln mit deftig angereiche­rten Aufforderu­ngen. Das Publikum lässt sich gern zum Mitsingen überreden, auch bei den vielen Rock-Songs aus der Zeit, als Kellner noch nicht einmal auf der Welt war und man versuchte, einen Song auf eine Kassette aufzunehme­n, ohne dass einem der Radiomoder­ator reinquatsc­hte. Unzählige hat er am Anfang seiner Karriere auf Englisch gesungen, später dann ins Bayrische übersetzt, „denn ich wollte auch mal den Text zwischen den Refrains verstehen, wenn ich im Auto die alten Rocksongs mitgrölte, aber sie nicht verstand“, erklärt er später. So wird Bonnie Tylers „It’s a heartache“zu „Da duat dir’s Herz weh“umgetextet.

Kein Verständni­s für den schwarzen Humor Kellners schienen die Macher einer publikumsl­osen Veranstalt­ung im Münchner Lustspielh­aus während der Corona-Zeit zu haben, als er sich mit

dem Titel „Gruam“bewarb. Man wollte ein Trost spendendes Lied im Stil von „Alles ist gut, hollereidu­lijö“, doch Kellner textete „Jeder Dog is a guader Dog – außerhoib der Gruam“.

Irgendwie kam man dann doch

zusammen – „zwischen e-dur und e-Moll ist schließlic­h nur ein Finger auf einer Gitarrensa­ite“.

„Später waren wir nie mehr so frei“, singt Kellner in seinem Song, in der er an die exzessiven Abenteuer seiner Jugend erinnert, als es mit 15 auf den Mofas „zur Sauforgie“ins „Kairo“nach Straubing ging und der Heimweg auf dem bekannten Schleichwe­g folgte. Weil das Publikum nach so viel Maßlosigke­it runterhole­n braucht, folgt das traurig-schöne Lied „I hätt di gern do“. Und ein sehr persönlich­es „Der Doktor sagt, i hob an Vogl“. Schwermüti­ger Blues, Fingerpick­ing, das auf den Punkt genaue, perfekte Akzente setzt, und die überrasche­nden Stimmfärbu­ngen machen die Songs zu musikalisc­hen Genüssen, die scheinbar mit Leichtigke­it entstehen.

Wie auch bei „Paula“, das Kellner von Haindling geliehen hat. Es ist ein Teil der drei Zugaben, die er am Ende mit dem Publikum ausgehande­lt hat. „Gib net auf“– mit diesem abschließe­nden musikalisc­hen Appell entlässt er sein sichtlich gut gelauntes Publikum.

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Foto: Annemarie Meilinger Mathias Kellner war mit seinem Programm „Ernsthaft!?“in Schönesber­g zu Gast.

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