„Ich brenne noch für den Sport“
ERC Ingolstadt: Daniel Pietta absolviert am Mittwoch sein 1000. DEL-Spiel. Der 37-Jährige spricht über Höhepunkte, Enttäuschungen und seine besten Mitspieler. Wie lange er noch spielen will und was er für die Zukunft plant.
Daniel Pietta, Sie absolvieren am Mittwoch (19 Uhr) ihr 1000. Spiel in der Deutschen Eishockey-Liga. Was bedeutet Ihnen diese Anzahl? Daniel Pietta: 1000 Spiele sind etwas Besonderes. Diese Marke haben nicht so viele Spieler erreicht (elf, Anm. d. Red.). Irgendwann werde ich sicher mit sehr viel Stolz darauf zurückblicken. Aber am Mittwoch ist das wichtigste, das Spiel gegen Bremerhaven zu gewinnen und die Serie auszugleichen.
Lassen Sie uns dennoch zurückblicken. Können Sie sich eigentlich noch an ihr erstes DEL-Spiel erinnern?
Pietta: Meine erste Partie als Profi war ein Pokalspiel mit Krefeld gegen Hamburg, welches nicht zu dieser Statistik zählt. Danach habe ich in der Saison 2003/2004 noch fünf Ligaspiele gemacht, alle waren glaube ich auswärts. Mein erstes dürfte in Frankfurt oder Freiburg gewesen sein, genau kann ich mich leider nicht erinnern. Was ich aber noch weiß ist, dass ich in Freiburg im Powerplay spielen durfte, mich vor dem Tor platziert habe und direkt einen Schuss von Daniel Kunce ans Gitter meines Helms bekommen habe, das dann hinüber war (schmunzelt). Die ersten Spiele waren insgesamt mehr ein Hineinschnuppern mit wenig Eiszeit. In erster Linie kam ich damals noch in der DNL zum Einsatz. Auch im Jahr danach habe ich kaum Partien für Krefeld absolviert, sondern in Duisburg. Dort habe ich viel Spielzeit erhalten, was wichtig war.
Haben Sie ihr erstes Tor noch im Kopf?
Pietta: Das war in Hamburg in meiner dritten Saison. Ich wurde mehr oder weniger angeschossen und der Puck ging von meiner Hose ins Tor.
20 Jahre sind eine lange Zeit, in der Sie viele Teamkollegen hatten und Menschen kennengelernt haben. Entstehen Freundschaften über das Eishockey hinaus?
Pietta: Ja, auf jeden Fall. Ich war ja Ewigkeiten in Krefeld und wir waren eine große Gruppe, die sehr lange zusammengeblieben ist. Zu einigen habe ich bis heute Kontakt, es sind Freundschaften entstanden. Etwa zu Herberts Vasiljevs, Boris Blank, Martin Schymainski, Kevin Clark, Roland Verwey oder Marcel Müller. Viele wohnen noch in Krefeld, im Sommer sehen wir uns häufiger. Allgemein sind im Eishockey gute Kontakte entstanden. Moritz Müller ist der gleiche
Jahrgang wie ich, wir haben von klein auf zusammen in der Nationalmannschaft gespielt, was verbindet.
Gibt es rein sportlich gesehen einen Spieler, der sie besonders beeindruckt hat?
Pietta: Es fällt mir schwer, einen Einzelnen herauszuheben. Ich hatte viele gute Mitspieler, auch hier beim ERC Ingolstadt. Blank und Vasiljevs haben mich damals an die Rolle des „Erste-Reihe-Centers“herangeführt. Auch die anderen bereits Genannten waren oder sind sehr gute Spieler.
Welcher war der sportliche Höhepunkt ihrer bisherigen Karriere?
Pietta: Auf jeden Fall das Finale im Vorjahr mit Ingolstadt. Es war immer ein Ziel, wir haben hart darauf hingearbeitet. Natürlich will man die Serie gewinnen, was leider nicht geklappt hat. Das Endspiel hat Lust auf mehr gemacht, auch wenn ich weiß, dass ich wahrscheinlich schon über die Hälfte meiner Karriere hinter mir habe
(schmunzelt). Der Titel bleibt mein Ziel. Auch die beiden Halbfinal-Serien mit Krefeld waren extrem cool, aber auch bitter. Vor allem das Ausscheiden gegen Berlin 2013. Ich glaube, dass wir damals nicht unbedingt die schlechtere Mannschaft waren.
Sie haben 17 Jahre in Krefeld verbracht, spielen seitdem in Ingolstadt. Noch sind Sie ohne Titel. War es im Nachhinein die richtige Entscheidung, nie zu einem „natürlichen“Meister gewechselt zu sein?
Pietta: Ich bin ein Mensch, der sich wohlfühlen muss, aber gleichzeitig auch etwas zurückgeben will. Etwa einem Verein, der in jungen Jahren auf dich gesetzt hat. Auch in Ingolstadt wurde ich perfekt aufgenommen, nachdem ich in Krefeld entlassen worden war. Mir konnte nichts besseres passieren. Ich muss einfach zufrieden sein. Noch wichtiger ist, dass sich meine Familie wohlfühlt. Das ist hier der Fall. Außerdem finde es ich es wertvoller, mit einer Mannschaft
Meister zu werden, von der es nicht unbedingt erwartet wird.
Waren die Niederlagen im Finale oder Halbfinale gleichzeitig auch die größten Enttäuschungen Ihrer Karriere?
Pietta: Im Moment der Niederlage ist die Enttäuschung natürlich groß. Ich bin nach jeder Niederlage angefressen, in den Play-offs noch mehr als während der Saison. Schlimmer empfand ich aber die Zeit in Krefeld, als wir sieben Jahre lang nichts mit den Play-offs zu tun hatten. Ich bin in der Stadt aufgewachsen, es war eine Herzensangelegenheit. Je länger der Misserfolg angehalten hat, desto größer wurde die Ernüchterung. Man will die Menschen nicht enttäuschen. Weder die Verantwortlichen, die Fans noch die ganze Stadt. Wir haben in Krefeld gewohnt, waren das ganze Jahr über dort und ich wurde immer wieder darauf angesprochen. Ich war damals nicht während des Sommers weg nach dem Motto, das alles interessiert mich nicht.
Würden sie irgendein Spiel noch einmal spielen wollen?
Pietta: Die Finalserie im vergangenen Jahr. Aber das wären ja mehrere Partien. Ein einzelnes Spiel nicht.
Mirko Lüdemann ist DEL-Rekordspieler mit 1199 Partien. Sie sind 37 Jahre alt, könnten in den kommenden Jahren vorbeiziehen. Steht Ihre Aussage noch, bis 40 spielen zu wollen?
Pietta: Ja, ich fühle mich fit, mein Körper ist soweit ganz okay. Ich hatte in meiner Karriere sehr viel Glück mit Verletzungen. Die ich hatte, waren nicht schwerwiegend, ich bin nie lange ausgefallen. Mir ist wichtig, nach meiner Karriere noch mit meinen Kindern etwas machen zu können und nicht hinterherlaufen zu müssen. Ich will einfach das Leben mit meiner Familie genießen. Mein Ziel ist es aber in der Tat, bis 40 in der DEL zu spielen. Es kann auch länger gehen. Aber bei einer Verletzung kann die Karriere auch schnell vorbei sein. Ich verspüre jedenfalls noch große Lust. Das habe ich gemerkt, als ich mich voriges Jahr am Knöchel verletzt habe. Ich wollte so schnell wie möglich zurück sein, habe viel investiert und die prognostizierte Ausfallzeit unterschritten. Das hat mir bewiesen, dass ich noch für den Sport brenne. Ist das nicht mehr der Fall, werde ich nicht mehr weitermachen.
Machen Sie sich bereits Gedanken, wie es nach der Spielerkarriere weitergeht?
Pietta: Immer mal wieder, aber nicht konkret. Ich kann mir gut vorstellen, im Eishockey zu bleiben, meine Erfahrungen und mein Wissen weiterzugeben. Im Sommer mache ich meinen ersten Trainerschein. Cheftrainer zu werden halte ich Stand jetzt für ausgeschlossen. Aber es gibt inzwischen ja viele Jobs. Developmentcoach oder Trainer für Über- oder Unterzahl, die es ja in Nordamerika gibt. Es entwickelt sich ja alles weiter. Auch Nachwuchstrainer wäre interessant. Genauso kann ich mir vorstellen, in die sportliche Leitung eines Vereins zu gehen. Ich bin offen und habe noch ein paar Jahre, bis ich mich entscheiden muss.
In Ihrem 800. DEL-Spiel haben Sie den Siegtreffer erzielt, in Ihrem 900. in Berlin zwei Tore geschossen. Das wäre doch etwas für die 1000. Partie …
Pietta:
Ja. Das würde ich so nehmen.