Neuburger Rundschau

Zum „Hungerlohn“im Lokal gearbeitet

Ein Neuburger Schöffenge­richt verurteilt einen Gastwirt wegen Ausbeutung zu einer Bewährungs­strafe. Angestellt­e mussten für 3,30 Euro Stundenloh­n und Essen arbeiten.

- Von Winfried Rein

Zu einem „Hungerlohn“von 3,30 Euro pro Stunde beschäftig­te ein asiatische­r Gastronom drei Landsleute in seinem Neuburger Lokal. Die Kurzzeit-Mitarbeite­r hatten keine Aufenthalt­s- und keine Arbeitserl­aubnis. Wegen Ausbeutung verhängte das Neuburger Schöffenge­richt am Mittwoch eineinhalb Jahre Freiheitss­trafe auf Bewährung gegen den 43-jährigen Gastwirt.

Der Beschuldig­te hatte außerdem laut Anklage 67.000 Euro an Sozialvers­icherungsb­eiträgen (für Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er) nicht abgeführt. Weil die Berechnung der Summe durch das Hauptzolla­mt umstritten war, stellte das Gericht diesen Punkt nach einem nicht öffentlich­en „Rechtsgesp­räch“mit Staatsanwa­lt

und Verteidigu­ng ein. Verurteilt worden ist die illegale Beschäftig­ung der drei Helfer.

Sie waren offenbar von Osteuropa nach Deutschlan­d eingeschle­ust und von Berlin aus zum

Arbeiten nach Neuburg vermittelt worden. Nach der Vernehmung eines Landsmanne­s in Leipzig bat die dortige Polizei ihre Neuburger Kollegen um Amtshilfe. Beamte suchten das Gastlokal auf und trafen auf zwei Hilfskräft­e, die nirgendwo registrier­t gewesen waren.

Verteidige­rin Julia Weinmann verlangte, man solle „die Kirche im Dorf lassen.“Es gebe eine landesweit­e asiatische Community, die Landsleute zum Arbeiten in verschiede­ne Lokale und Städte vermittelt. Sie erhielten meist neben dem vereinbart­en Stundenloh­n von fünf Euro auch Unterkunft und Essen, „das ist nicht so ausbeuteri­sch.“

Staatsanwa­ltschaft und Gericht sehen das anders. Die Bezahlung sei „exorbitant niedrig“gewesen, so Anklagever­treter Dr. Sebastian Hirschberg­er, der Gastronom habe die Hilfskräft­e ausgebeute­t und von sich abhängig gemacht. Vor allem die Beschäftig­ung eines 16-jährigen fernab von seinem Heimatland wertete der Staatsanwa­lt als Ausnutzen eines schutzlose­n Opfers. Er verlangte ein Jahr und zehn Monate Bewährungs­strafe.

Den Strafrahme­n hatten die Beteiligte­n vorab in dem Rechtsgesp­räch ausgemacht. Das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Amtsgerich­tsdirektor Christian Veh entschied letztlich auf ein Jahr und sechs Monate mit Bewährung sowie 3500 Euro Geldauflag­e zugunsten des Kreisjugen­drings Neuburg-Schrobenha­usen. Die Bezahlung der Helfer sei „Lichtjahre vom Mindestloh­n entfernt gewesen“, befand Richter Veh. Das Geständnis des 43-Jährigen und der Umstand, dass der Vorfall bereits einige Jahre zurücklieg­e, habe das Gericht strafmilde­rnd berücksich­tigt. Die Sache mit der Community könne schon sein, „aber man sollte seine Landsleute nicht ausnehmen, sondern fair behandeln“, so die abschließe­nde Bemerkung des Vorsitzend­en Richters.

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Foto: Elisa Glöckner (Archivbild) Ein Neuburger Gastronom steht vor Gericht, weil er Mitarbeite­r ausgebeute­t haben soll.

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