Neuburger Rundschau

„Wir haben immer mehr Problemhun­de“

Im Tierheim für die Region Neuburg leben immer mehr Hunde, die kaum Chance auf ein neues Zuhause haben. Vorsitzend­er Gerhard Schmidt kritisiert die Vorgaben für die „Problemhun­de“.

- Von Manfred Dittenhofe­r

336 Hunden, 204 Katzen, 196 Kleintiere­n und 15 Großtiere und sogar ein Pferd: Das ist die nackte Statistik des Tierschutz­vereins Neuburg-Schrobenha­usen. Doch Vorsitzend­er Gerhard Schmidt kennt die teils haarsträub­enden Geschichte­n hinter diesen Zahlen. Hobbyzücht­er aus Königsmoos, die plötzlich zwischen 150 Tieren leben und überforder­t sind. Vögel, die sich in Burgheim uferlos vermehren und sich mit gefährlich­en Viren infizieren. Und dann sind da nach wie vor die 35 Herdenschu­tzhunde aus Aichach.

All diese Tiere wurden im vergangene­n Jahr im Tierheim in Riedenshei­m versorgt. Zwar sind es weniger als im vergangene­n Jahr, doch sie benötigen mehr Pflege als bisher. Denn es gibt immer mehr „Problemhun­de“, sagt Schmidt, der für die nächsten drei Jahre den Verein mit 2000 Mitglieder­n leiten wird. Die Herdenschu­tzhunde wurden 2022 in Aichach beschlagna­hmt und leben nach wie vor im Tierheim in Riedenshei­m. Es sind Hunde der Kategorie 1 und 2 und damit kaum an neue Halter vermittelb­ar. In Bayern werden vermeintli­ch gefährlich­e Hunderasse­n in diese beiden Kategorien eingestuft. Ein Vorgehen, das Schmidt sehr kritisch sieht. „Das Problem ist nicht die Rasse, sondern vielmehr die Zucht.“Die Züchter müssten viel stärker kontrollie­rt werden. Als Maßnahme wird eine hohe Hundesteue­r gesehen, so müssen in Neuburg Besitzer von Kampfhunde­n 1000 Euro bezahlen, was bei der Jahreshaup­tversammlu­ng des Tierschutz­vereins vergangene­n Freitag eine rege Diskussion auslöste. Die verhindere nämlich nicht, dass sich Menschen diese Hunde anschaffen. Und es werde wieder nur auf die Rasse, nicht auf die Züchtung oder auf wirkliche Problemtie­re geachtet. „Die Besitzer können oder wollen sich die Steuer nicht leisten

und die Hunde landen im Tierheim.“Erschweren­d komme hinzu, dass Hobbyzücht­er überhaupt nicht kontrollie­rt würden. Schmidt nannte ein Beispiel aus Königsmoos. Dort hatte ein Hobbyzücht­er 140 Hunde bei sich zu Hause. „Das Problem kann an der Basis nicht gelöst werden. Aber in München wird nichts dagegen unternomme­n.“Der einzige Ausweg aus dem Dilemma bestehe darin, die Zucht und den Handel solcher Tiere zu verbieten. Den Behörden vor Ort, vor allem dem Amtstierar­zt, müsse das richtige Werkzeug in Form von Gesetzen zur Verfügung gestellt werden. „Da hält jemand 50 Katzen, jeder kennt den Notstand, aber keiner darf rein. Weil in

München die zuständige­n Stellen versagen, zahlen am Ende die Steuerzahl­er.“Aus einem Haus im Burgheimer Ortsteil Straß holten die Mitarbeite­rinnen des Tierschutz­vereins 140 Ziervögel. Dazu Schmidt: „Ich habe schon viel erlebt, aber derartige Zustände, unglaublic­h!“Da die Vögel noch dazu mit Chlamydien infiziert waren, hieß das, dass Schutzklei­dung bei der Pflege, viele Untersuchu­ngen und eine langwierig­e Antibiotik­aBehandlun­g notwendig waren. Außerdem gibt es enorme Schwierigk­eiten bei der Weiterverm­ittlung. „Solche Zustände ließen sich vermeiden, wenn die Behörden vor Ort eher und besser reagieren könnten.“Die Verantwort­ung liege eindeutig bei der Regierung.

Und wie steht es finanziell um das Tierheim und den Verein? „Alle Kommunen, außer Rennertsho­fen, zahlen nun 55 Cent pro Einwohner und Jahr. Die Marktgemei­nde hat auf 45 Cent erhöht. Die Städte Neuburg und Schrobenha­usen zahlen etwas mehr.“Dafür übernehme der Tierschutz­verein kommunale Aufgaben und stelle an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr seine Dienstleis­tung zur Verfügung. Der Aufwand für den Verein sei enorm. Schmidt vergleicht die Leistung mit einer Versicheru­ng. Schließlic­h müssen die Infrastruk­tur und genügend Fachperson­al vorgehalte­n werden. „Die uns finanziell unterstütz­en, denen geht es um das Wohl der Tiere.“Außerdem Tierheim auf der ehemaligen Standortsc­hießanlage bei Riedenshei­m betreibt der Tierschutz­verein auch eine Station südlich von Wettstette­n. Auf dem ererbten Areal mit Haus wurde inzwischen eine Igel-Auffangsta­tion etabliert und Volieren errichtet. Außerdem leben dort Tiere, die viel Ruhe benötigen, wie trächtige Katzen oder alte Hunde. Zwei Mitarbeite­rinnen wohnen in den Wohnungen im Obergescho­ss und sind so jederzeit vor Ort. Nach wie vor läuft allerdings ein Rechtsstre­it mit den Nachbarn.

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Fotos: Manfred Dittenhofe­r Gerhard Schmidt leitet den Tierschutz­verein Neuburg-Schrobenha­usen. Er kennt viele haarsträub­ende Geschichte­n zu den Tieren im Heim.
 ?? ?? Zahlreiche Ziervögel hat das Tierheim in Riedenshei­m aufgenomme­n. Der Eigentümer würde die Tiere gerne dem Tierschutz­verein übereignen.
Zahlreiche Ziervögel hat das Tierheim in Riedenshei­m aufgenomme­n. Der Eigentümer würde die Tiere gerne dem Tierschutz­verein übereignen.

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