Er sorgt für die passende Truppenküche
Thomas G. ist Spieß der Instandsetzungs- und Elektronikstaffel des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg. In Lettland muss er für Grundsätzliches sorgen: Essen, Wohnen, Waschen. Doch bald steht eine Bewährungsprobe an.
Wenn man schon nicht in der Heimat ist, dann muss wenigstens die Verpflegung passen. Das zumindest ist der Anspruch der Deutschen Luftwaffe während des Air-Policing in Lettland. 100 Soldaten aus Neuburg sind bis Ende des Jahres dort für die Sicherheit im Luftraum über der Ostgrenze der Nato zuständig. Damit das passt, was auf dem Teller liegt, ist eine der Hauptaufgaben von Oberstabsfeldwebel Thomas G. (Name aus Sicherheitsgründen abgekürzt). Der 51-Jährige ist „für zeitgerechte Bereitstellung der Truppenverpflegung zuständig“.
Was in der militärischen Heimat, dem Taktischen Luftwaffengeschwader 74 in Neuburg, längst in der Routine des täglichen Dienstbetriebs organisiert ist, stellt im Feldlager der lettischen Luftwaffenbasis Lielvarde eine Herausforderung dar. Dort sind die Neuburger seit Ende Februar mit rund 100 Männern und Frauen und noch mal so vielen Spezialisten aus der ganzen Republik stationiert.
„Zusammen mit den US-amerikanischen und den spanischen Streitkräften bringt diese Truppenstärke die Kapazitäten der örtlichen Truppenküche an die Grenzen“, berichtet Thomas G. Die Lösung, die mit den lettischen Streitkräften gefunden wurde, sieht so aus, dass die Deutschen für Frühstück und Abendessen in ein provisorisches Verpflegungszelt ausweichen müssen, für das ein externes Catering-Unternehmen engagiert wurde. Ganz abgesehen von unterschiedlichen Essenszeiten und -orten kommt dann noch der Wunsch einiger Kameraden, die in der fleischlastigen, lettischen Küche – Geflügel und Schwein gibt es nämlich immer – vegetarische Kost wünschen. Aber auch das konnte vom Oberstabsfeldwebel zur Zufriedenheit gelöst werden.
Die „Verstärkung Air Policing Baltikum“ist die vierte einsatzgleiche Verpflichtung, für die sich der gebürtige Augsburger freiwillig gemeldet hat. Dreimal war er bereits im estnischen Ämari dabei, jetzt ist es der erste Einsatz in Lettland. Weil es nicht nur sein erstes Mal in Lettland ist, sondern generell das erste Mal ein mehrmonatiger Aufenthalt der Luftwaffe an der aus dem Boden gestampften Air Base Lielvarde, war der Koordinierungsaufwand enorm.
Dort begann schon ein Jahr vor Beginn der Stationierung alles mit einem Vorbereitungstreffen, bei dem festgestellt wurde, dass die Infrastruktur des Fliegerhorsts – die gesamte lettische Luftwaffe besteht aus genau vier Hubschraubern und fünf Propellerflugzeugen – erheblich ausgebaut werden muss. Das betrifft freilich nicht nur die Unterstellmöglichkeiten für die Eurofighter und Aufstellflächen für die nun aufgestellten Container, in denen gearbeitet und die Flüge geplant werden.
Es betrifft auch die Unterbringung. „Zum ersten Mal müssen wir uns mit Containern in Doppelbelegung arrangieren. Und wenn sich 200 Leute zwölf Duschen im Sanitärcontainer teilen müssen, dann ist maximale Rücksichtnahme gefragt“, berichtet Thomas G.. In Ämari erfolgte die Unterbringung noch im Hotel – aber die Entfernung in die nächstgelegene Stadt Riga wäre zu weit zum täglichen Pendeln gewesen. Zudem seien die Container hier günstiger.
Flexibilität und viel Geduld seien die wichtigsten Eigenschaften für einen Kontingentfeldwebel. Obendrein muss man den Umgang mit den Menschen wollen. „Wenn man so eng aufeinander lebt, kann man sich nicht verstellen oder zurückziehen, ich bin quasi immer ansprechbar“, sagt G.. Mit seinem sechsköpfigen Betreuungsteam und anfänglich 15 Stunden langen Arbeitstagen kümmert sich der sportbegeisterte Berufssoldat nicht nur um Hausmeisterangelegenheiten wie verlorene Schlüssel, verstopfte Toiletten oder das Waschen der dienstlichen Bekleidung, sondern übernimmt als Führer des Unteroffizierskorps auch repräsentative Pflichten.
Zum Beispiel bei der offiziellen Übergabefeier des Nato-Auftrages oder bei Terminen mit den lettischen Gastgebern, die sich maximal engagieren, um die Präsenz der Deutschen zu unterstützen. Und was regt den Spieß, wie der Kontingentfeldwebel auch genannt wird, am meisten auf? Da muss G. kurz überlegen: „Schwierig wird es, wenn sich Einzelne nicht an die Regeln halten und dadurch die Allgemeinheit im
Dienstbetrieb darunter leidet.“Schon jetzt grübelt der Spieß an seiner vermutlich größten logistischen Herausforderung: dem Kontingentwechsel. Alle zwei Monate verlassen innerhalb weniger Stunden 130 Soldaten das Containerdorf und die neue Mannschaft kommt an. „Der Super-Gau wäre, wenn das Flugzeug, mit der die Ablösung kommt, stehen bleiben muss – aus welchen Gründen auch immer – und die alte Mannschaft nicht wegkommt“, formuliert der 51-Jährige seine Befürchtung. Dann muss der Spieß improvisieren und 130 nicht vorhandene Schlafgelegenheiten suchen. Und wieder mit der Küche telefonieren.
Thomas G. trat 1993 in Germersheim in die Bundeswehr ein und wurde zum Tornado-Mechaniker im mittlerweile aufgelösten Jagdbombergeschwader 32 auf dem Lechfeld ausgebildet. 2011 wechselte er als Inspektionsfeldwebel an die Offiziersschule der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck. Drei Jahre später wurde er Spieß der Instandsetzungsund Elektronikstaffel des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 in Neuburg. Dorthin pendelt er von seinem Bobinger Wohnort.