Ein „überspieltes“Panther-Trio
Eine insgesamt unbefriedigende DEL-Saison 2023/24 ist für den ERC Ingolstadt seit Sonntag beendet. Die Neuburger Rundschau hat sich auf die Suche nach Gründen für das (zu) frühe Ende der Spielzeit gemacht.
Als die Play-off-Viertelfinal-Serie gegen die Fischtown Pinguins am Sonntagabend gegen 17.30 Uhr entschieden war, gab es vonseiten der Panther-Anhänger nochmals lautstarken Applaus für die Mannschaft. An den Fans lag es zweifelsohne am wenigsten, dass die Saison 2023/24 aus Sicht des ERC Ingolstadt insgesamt betrachtet sportlich nicht gerade zufriedenstellend verlief.
Nach „mehr Tiefen wie Höhen“, wie es Youngster Philipp Krauß beschrieb, belegten die Oberbayern nach der Hauptrunde nur Platz neun und mussten – wenn auch erfolgreich – den Umweg über die Pre-Play-offs nehmen. War in der vorangegangenen Spielzeit noch die Vizemeisterschaft herausgesprungen, war diesmal bereits im Viertelfinale Endstation – und das sogar mit einem „Sweep“(vier Siege beziehungsweise Niederlagen hintereinander). Doch warum konnte das Team von Headcoach Mark French größtenteils nicht an die starken Leistungen Vorsaison anknüpfen? Eine Analyse:
• Harmlose Offensive: Hatten die Panther in ihrer Vizemeister-Saison in der Hauptrunde noch 182 Tore geschossen (Schnitt: 3,25), waren es nun 50 (!) Treffer weniger (2,54). Kurzum: Vor allem die Abgänge von Frederik Storm (Köln), Justin Feser (Wolfsburg), Ty Ronning (Berlin) und Stefan Matteau (AHL) konnten durch die Neuzugänge Andrew Rowe, Casey Bailey, Travis St. Denis, Patrik Virta und Nach-Verpflichtung Brandon Kozun nicht (annähernd) ersetzt werden. Hinzu kam, dass auch andere etatmäßige Leistungsträger wie Wayne Simpson oder Mirko Höfflin auf der Dauer-Suche nach ihrer Form waren. Dass am Ende der Hauptrunde Daniel Pietta mit 35 Zählern Topscorer war, spricht für ihn – aber sicherlich nicht für seine Stürmer-Kollegen. Zumal Verteidiger Mat Bodie mit 30 Zählern die Nummer zwei auf dieser teaminternen Liste ist.
Hinzu kam, dass Cheftrainer
Mark French bis zum letzten Saisonspiel immer noch auf der Suche nach den idealen Sturmreihen war – und diese schlichtweg nicht fand. Selbst eine echte erste Angriffsformation wie beispielsweise bei den Fischtown Pinguins mit Miha Verlic, Ziga Jeglic und Jan Urbas, die auch einmal Partien im Alleingang entscheiden kann, war während der gesamten Spielzeit beim ERC Ingolstadt nicht vorhanden. Dementsprechend schwer taten sich die Oberbayern über weite Strecken mit dem Kreieren von Möglichkeiten sowie deren Verwertung.
• Schwaches Powerplay: Bereits 2023/24 zählte das Überzahlspiel zu den Problemzonen der Panther. Mit einer Erfolgsquote von 19,75 Prozent belegte man in der Punktrunde
nur Platz zehn (in den Playoffs waren es sogar nur 13,79 Prozent). Da die Panther jedoch bei „Fünf-gegen-Fünf“das wahrscheinlich beste Team stellten, wirkte sich dieser Makel nicht sonderlich groß aus. Anders dagegen in dieser Spielzeit. Lediglich 16,58 Prozent der Powerplays konnten genutzt werden. Nachdem nun auch bei numerischem Gleichstand auf dem Eis das Problem des Toreschießens auftauchte, fand man sich nach 52 Spieltagen lediglich auf Tabellenplatz neun wider. In den Play-offs bekam man hingegen das Powerplay endlich zum Laufen (27,78 Prozent). Da gleichzeitig aber plötzlich das Unterzahlspiel mit 70 Prozent große Schwächen aufwies, war das
„Aus“gegen Bremerhaven die logische Konsequenz.
• Fehleinschätzung in der Verteidigung:
Nach dem Abgang von Justin Feser (Wolfsburg), der über einen deutschen Pass verfügt, entschieden sich Sportdirektor Tim Regan und Trainer Mark French, diese Position mit einem zusätzlichen ausländischen Akteur im Sturm zu besetzen und nur mit zwei ImportVerteidigern (Mat Bodie, Maury Edwards) in die Saison zu starten. Dies erwies sich bereits während der Spielzeit als Fehleinschätzung. Die als „Marshall-Ersatz“verpflichteten Luca Zitterbart, dessen Vertrag bereits im Januar 2024 wieder aufgelöst wurde, und Kevin Maginot konnten die Erwartungen nicht erfüllen. Defensiv standen die Panther zwar zumeist stabil. Doch gerade im Aufbauspiel fehlte ein zusätzlicher Verteidiger, der in der Lage ist, einen „ersten Pass“zu spielen – was sich wiederum auf das Angriffsspiel negativ auswirkte. Dementsprechend hatten die Ingolstädter große Probleme, wenn sie vom Gegner bereits in der eigenen Zone unter Druck gesetzt wurden. Nach-Verpflichtung David Farrance, der zuvor noch nie in Europa gespielt hatte, konnte nach einigen Anlaufschwierigkeiten dieses Manko zumindest etwas lindern.
• Überspielte Leistungsträger: Wenn der Begriff „Kilometerfresser“auf zwei ERCI-Akteure zutrifft, dann auf Mat Bodie und Leon Hüttl. Während Bodie in der Hauptrunde durchschnittlich 25.41 Minuten auf dem Eis stand (in der DELWertung auf Rang zwei), waren es bei Hüttl nur unwesentlich weniger (24.38 Minuten/Rang vier). Die fast schon logische Folge: Zum einen schnellte die Fehlerquote (Bodie) deutlich nach oben. Zum anderen wirkte das Duo gerade in einigen Play-off-Partien, in denes es bekanntlich noch intensiver zur Sache geht, überspielt. Gleiches traf indes auf Goalie Michael Garteig zu. In 48 (!) von 52 VorrundenBegegnungen stand der Kanadier von Beginn an zwischen den Pfosten. Kam er in diesem Zeitraum noch auf eine sehr ordentliche Fangquote von 91,38 Prozent, ging diese in den Play-offs auf 87,94 Prozent herunter. Darüber hinaus verließ er gleich zweimal (gegen Köln und Bremerhaven) vorzeitig seinen Kasten.
• Heimschwäche: War die heimische Saturn-Arena in der vorangegangenen Vizemeister-Saison 2022/23 mit 18 „Dreiern“in 28 Hauptrunden-Partien noch eine echte Festung (2,07 Punkte im Schnitt), wurden die Heimfans in dieser Spielzeit nicht gerade mit Siegen verwöhnt. In 26 Begegnungen brachten es die Panther gerade einmal auf neun Siege nach 60 Minuten bei einem Punkteschnitt von 1,5. Zudem gingen in den diesjährigen Play-offs alle drei Matches auf eigenem Eis verloren.