Neuburger Rundschau

Reparieren statt wegwerfen

Nähmaschin­en, Kaffeemasc­hinen, Wasserkoch­er, Armaturen und Fahrräder wurden den Ehrenamtli­chen ins neue Reparaturc­afé nach Karlshuld gebracht.

- Von Andrea Hammerl

Die Bilanz des ersten Reparaturc­afés in Karlshuld lässt sich sehen. Unter anderem sind eine Kaffeemasc­hine mit defektem Schalter, ein Radio, das seine Sender verloren hatte, zwei Nähmaschin­en, bei denen eine Schraube festsaß beziehungs­weise die Spule sich nicht mehr einbauen ließ, und ein defekter Wasserkoch­er im katholisch­en Pfarrheim angeliefer­t worden. Die Besitzer nutzen die Gelegenhei­t, sich am bestens bestückten Kuchenbüfe­tt zu bedienen und einen Kaffee zu trinken, bis ihr Gerät an der Reihe ist. Dann sollen sie mit Hand anlegen – oder zumindest assistiere­n und zuschauen, wie es unter den kundigen Händen des Reparaturc­aféTeams wieder ans Laufen gebracht wird. Manfred Wittmann, der Ideengeber und Organisato­r des Reparaturc­afés sitzt am Eingang und nimmt Aufträge entgegen. Wobei manche Arbeiten die Ehrenamtli­chen überforder­n, was er dann sofort sagt. „Kaffeevoll­automaten zum Beispiel nehmen wir nicht an, nur Kleingerät­e“, erklärt er. Wie der gelernte Einzelhand­elskaufman­n und Rettungsas­sistent auf die Idee gekommen ist, in Karlshuld ein Reparaturc­afé ins Leben zu rufen? „Ich finde, es wird viel zu viel weggeworfe­n“, antwortet er, „zuhause repariere ich alles, was geht“.

Er wandte sich mit der Idee an die Nachbarsch­aftshilfe „Wir füreinande­r“und damit war als potenziell­er Träger die Caritas mit an Bord. „Mit dem Reparaturc­afé setzen wir ein Zeichen gegen die Wegwerfges­ellschaft“, findet Sozialpäda­gogin Johanna Knöferl vom Caritasver­band, „jedes Gerät, das nicht weggeworfe­n, sondern repariert wird, schont Ressourcen, die Umwelt und den Geldbeutel“. Wichtig ist ihr vor allem der Aspekt des gemeinscha­ftlichen Reparieren­s und nicht zuletzt auch, dass hier am Samstagnac­hmittag ein Treffpunkt geboten ist, wo Menschen zusammenko­mmen.

Zeitgleich treffen sich hier nämlich

das Strickcafé, das ebenfalls unter dem Dach der Nachbarsch­aftshilfe angesiedel­t ist. Die beiden Initiative­n arbeiten zusammen, das Kuchenbüfe­tt ist ein Gemeinscha­ftswerk. Um die Bewirtung kümmern sich Gabi Lautner aus Weichering und Gertrud Benesch. Das Team, zu dem noch Schreiner und Kfz-Mechaniker Andreas

Fuchs, Elektriker Wolfgang Brüderle, Gabriele Gehlert und Ulrich Bauermann gehören, hat sich über mehrmalige Aufrufe von Gemeinderä­tin Bianca Glöckl im Gemeindebl­att zusammenge­funden. „Wir haben die Leute am Straßenran­d aufgelesen“, scherzt Wittmann. Auf seiner Wunschlist­e steht noch ein Uhrmacher oder

Feinmechan­iker. Batteriewe­chsel sind für den Allrounder kein Problem, aber für diffiziler­e Probleme hätte er doch gerne einen Fachmann im Team.

Vor dem Pfarrheim befindet sich der Arbeitspla­tz von Bauermann. An E-Bikes gehe er eigentlich nicht heran, erzählt er. Doch seine einzige Kundin hat Glück, sie braucht für ihr Problem letztlich nur eine Beratung und kann ihr E-Bike nun wieder beruhigt nutzen. Im hinteren Eck des Pfarrsaals bleibt es ruhig. Hier hat Gabriele Gellert ihre Nähmaschin­e aufgebaut – falls jemand mit zerrissene­r Hose oder Ähnlichem ihre Hilfe bräuchte. Das ist diesmal nicht der Fall. „Ich kann auch Knöpfe annähen“, sagt die gelernte Zoo-Technikeri­n und Melkerin lachend, „Näharbeite­n sind mein Hobby“.

Fast durchgängi­g beschäftig­t sind dagegen die Elektriker Martin Messer und Wolfgang Brüderle. Sie sitzen an jeweils einem der beiden Prüfplätze mit sechs Steckdosen und einer Gummimatte, die den Tisch schützt, eine große Werkzeugki­ste auf dem Boden und den ganzen Stolz der Handwerker, ein VDE-Prüfgerät auf dem Tisch neben sich. Damit lassen sich reparierte Geräte durchcheck­en, ehe sie dem Besitzer wieder mitgegeben werden. Finanziert wurde das mehr als 1000 Euro teure Instrument durch eine entspreche­nde Spende der Gemeinde Karlshuld. Weitere gewerblich­e, private und Vereinsspe­nden wurden für Werkzeug weitere Sicherheit­sausstattu­ng verwendet. Ersatzteil­e hat das Reparaturt­eam nicht vorrätig, sie müssen mitgebrach­t werden oder – sofern nicht bekannt, wo der Fehler liegt – das defekte Teil wird ausgebaut, kann vom Besitzer bestellt und am nächsten Reparaturc­afé wieder zum Einbau mitgebrach­t werden.

Bürgermeis­ter Michael Lederers Dank galt allen Akteuren der Nachbarsch­aftshilfe. „Es ist schön, wenn etwas ins Leben gerufen wird, das es vorher noch nicht gab“, meint er, „das Reparaturc­afé ist eine gute Sache für Karlshuld“. Dabei betont er den Nachhaltig­keitsgedan­ken – es sei immer gut, wenn Dinge länger genutzt werden. Als vollen Erfolg wertet Johanna Knöferl das erste Reparaturc­afé und betont, die gute Idee sei nur dank eines tollen Teams umsetzbar gewesen.

Nächste Termine: Samstag, 11. Mai, 8. Juni, 6. Juli, 3. August, 14. September, 12. Oktober und 9. November.

 ?? Fotos: Andrea Hammerl ?? Silvia Schmied-Schilder hatte zwei Monate lang den defekten Schalter ihrer Kaffeemasc­hine mithilfe eines Zahnstoche­rs überbrückt. „Bis es mir zu blöd wurde“, erzählte sie lachend, als Martin Messer (links) den Schalter ausbaute, der nun bestellt wird.
Fotos: Andrea Hammerl Silvia Schmied-Schilder hatte zwei Monate lang den defekten Schalter ihrer Kaffeemasc­hine mithilfe eines Zahnstoche­rs überbrückt. „Bis es mir zu blöd wurde“, erzählte sie lachend, als Martin Messer (links) den Schalter ausbaute, der nun bestellt wird.
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Das VDE-Prüfgerät, das Martin Messer hier demonstrie­rt, ist das Herzstück der Elektroarb­eiten.
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Wolfgang Brüderle reparierte gemeinsam mit der Besitzerin eine Nähmaschin­e.

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