Ein Ritter im Funkloch
Mit „Ritter Kunibert im Funkloch“von Winfried Frey kommen die Theaterfreunde Lichtenau auf die Bühne zurück. Die schrulligen Charaktere begeistern das Publikum.
Au weh zwick! Das tut weh, wenn der Keuschheitsgürtel ein für die Trägerin schmerzhaftes Eigenleben entfaltet und ein Preuße mit Grillgabel der Bayerin zu Hilfe kommen muss. Zum Glück gibt es so was heutzutage nur noch auf der Bühne, zum Beispiel in Weichering bei den Theaterfreunden Lichtenau. Die haben sich mit „Ritter Kunibert im Funkloch“erstmals an das Werk eines Autors aus der Region getraut und nicht nur ihr Publikum in der ausverkauften Schweigerhalle, sondern auch Autor, Regisseur und Schauspieler Winfried Frey begeistert (s. Interview). Die Keuschheitsgürtelszene mit Yvonne Strecker alias Friseuse und Kosmetikerin Greta als Hauptakteurin schießt den Vogel ab in der an Situationskomik und Wortwitz reichen Komödie.
Ein verschlafenes Bergdorf ohne Internet und Handyempfang, kombiniert mit einer „fast historischen“Rittergeschichte – der Plot verspricht schon mal gute Unterhaltung. Wenn der Raubritter dann nicht nur als mumifizierte Leiche im Eis, sondern auch noch leibhaftig mit Schwert in der Hand erscheint, die Opposition im Gemeinderat am Stammtisch der Schänke „Zur Tafelrunde“mit der Regierung über Geothermie streitet und Bayern und Preußen sich am Ende in den Armen liegen, amüsieren sich die Theaterbesucher prächtig.
Kunbertsbeil heißt das Dorf, weil der Sage nach – Ähnlichkeiten zu Beilngries sind kein Zufall –
einst jener Ritter Kunibert sein Beil dorthin warf, wo heute die „Tafelrunde“steht. Weiß jedenfalls Gastwirtin Maria (ganz die Dame: Cordula Glöckl), die nicht nur Bürgermeistersgattin ist, sondern dank ihres angelesenen Wissens und fehlenden Internets auch als Chronistin und wandelndes Internetlexikon fungiert. Während sie mit sich im Reinen scheint, verzweifelt ihr Ehemann Sepp (Sepp Behr) beinahe an der drückenden Bürde als Gemeindeoberhaupt. Während er sich sein schütteres Haar rauft, kämpft sein Freund und Friseur Hanse mit Kamm und Schere darum, seinem schwierigen Kunden eine ordentliche Frisur zu verpassen. Eine Paraderolle für Marco Schmidl, der hier sein enormes komödiantisches Talent so richtig ausleben kann.
Nebenbei macht er Reklame für Kosmetikanwendungen, die seine Frau Greta (Yvonne Strecker) anbietet. Als Drama-Queen bringt Postbotin Desiré (Sibylle Ziegler) die jeweils neuesten Nachrichten, die dann im Gemeinderat zwischen der Roten Sophie (Babsi Roshol überzeugt als zickige Oppositionelle und auf ihr Image bedachte Supermarktsbetreiberin) und der im Herzen schwarzen, aber offiziell parteilosen Regierung beackert werden. Bedienung Magda (Nicole Regensburger) betrachtet das Treiben mit gewisser Distanz, hängt sich aber in den Proben fürs RitterFestspiel gehörig rein, unter anderem mit figurformendem Bierkrugstemmen.
Nach durchzechter Nacht sind die Kunbertsbeiler allesamt ziemlich fertig, erinnern sich aber immerhin
noch daran, dass sie sich mit den Feriengästen aus Berlin (Jakob Kirschner und Lydia Reischl) verbrüdert haben. Die sind es am Ende auch, die dem abgelegenen Dorf zu einer neuen Geschäftsidee verhelfen, nachdem sich die Eismumie definitiv nicht mehr als Raubritter Kunibert verkaufen lässt. „Ein bisschen leiden muss der Held, ehe alles gut wird“, kommentiert Frey sein Stück. Und dass es ausgerechnet die belächelten Preußen sind, die den Knoten lösen, verhelfe allen zu ihrem Recht. Gelitten hat das Publikum sicherlich nicht, im Gegenteil. Die Lichtenauer bieten einmal mehr einen rundum gelungenen Theaterabend mit spielfreudigen Akteuren, einem aufwendigen Bühnenbild und sehenswerten, in jedem Akt unterschiedlichen Kostümen.