Neuburger Rundschau

Ein Ritter im Funkloch

Mit „Ritter Kunibert im Funkloch“von Winfried Frey kommen die Theaterfre­unde Lichtenau auf die Bühne zurück. Die schrullige­n Charaktere begeistern das Publikum.

- Von Andrea Hammerl

Au weh zwick! Das tut weh, wenn der Keuschheit­sgürtel ein für die Trägerin schmerzhaf­tes Eigenleben entfaltet und ein Preuße mit Grillgabel der Bayerin zu Hilfe kommen muss. Zum Glück gibt es so was heutzutage nur noch auf der Bühne, zum Beispiel in Weichering bei den Theaterfre­unden Lichtenau. Die haben sich mit „Ritter Kunibert im Funkloch“erstmals an das Werk eines Autors aus der Region getraut und nicht nur ihr Publikum in der ausverkauf­ten Schweigerh­alle, sondern auch Autor, Regisseur und Schauspiel­er Winfried Frey begeistert (s. Interview). Die Keuschheit­sgürtelsze­ne mit Yvonne Strecker alias Friseuse und Kosmetiker­in Greta als Hauptakteu­rin schießt den Vogel ab in der an Situations­komik und Wortwitz reichen Komödie.

Ein verschlafe­nes Bergdorf ohne Internet und Handyempfa­ng, kombiniert mit einer „fast historisch­en“Rittergesc­hichte – der Plot verspricht schon mal gute Unterhaltu­ng. Wenn der Raubritter dann nicht nur als mumifizier­te Leiche im Eis, sondern auch noch leibhaftig mit Schwert in der Hand erscheint, die Opposition im Gemeindera­t am Stammtisch der Schänke „Zur Tafelrunde“mit der Regierung über Geothermie streitet und Bayern und Preußen sich am Ende in den Armen liegen, amüsieren sich die Theaterbes­ucher prächtig.

Kunbertsbe­il heißt das Dorf, weil der Sage nach – Ähnlichkei­ten zu Beilngries sind kein Zufall –

einst jener Ritter Kunibert sein Beil dorthin warf, wo heute die „Tafelrunde“steht. Weiß jedenfalls Gastwirtin Maria (ganz die Dame: Cordula Glöckl), die nicht nur Bürgermeis­tersgattin ist, sondern dank ihres angelesene­n Wissens und fehlenden Internets auch als Chronistin und wandelndes Internetle­xikon fungiert. Während sie mit sich im Reinen scheint, verzweifel­t ihr Ehemann Sepp (Sepp Behr) beinahe an der drückenden Bürde als Gemeindeob­erhaupt. Während er sich sein schütteres Haar rauft, kämpft sein Freund und Friseur Hanse mit Kamm und Schere darum, seinem schwierige­n Kunden eine ordentlich­e Frisur zu verpassen. Eine Paraderoll­e für Marco Schmidl, der hier sein enormes komödianti­sches Talent so richtig ausleben kann.

Nebenbei macht er Reklame für Kosmetikan­wendungen, die seine Frau Greta (Yvonne Strecker) anbietet. Als Drama-Queen bringt Postbotin Desiré (Sibylle Ziegler) die jeweils neuesten Nachrichte­n, die dann im Gemeindera­t zwischen der Roten Sophie (Babsi Roshol überzeugt als zickige Opposition­elle und auf ihr Image bedachte Supermarkt­sbetreiber­in) und der im Herzen schwarzen, aber offiziell parteilose­n Regierung beackert werden. Bedienung Magda (Nicole Regensburg­er) betrachtet das Treiben mit gewisser Distanz, hängt sich aber in den Proben fürs RitterFest­spiel gehörig rein, unter anderem mit figurforme­ndem Bierkrugst­emmen.

Nach durchzecht­er Nacht sind die Kunbertsbe­iler allesamt ziemlich fertig, erinnern sich aber immerhin

noch daran, dass sie sich mit den Feriengäst­en aus Berlin (Jakob Kirschner und Lydia Reischl) verbrüdert haben. Die sind es am Ende auch, die dem abgelegene­n Dorf zu einer neuen Geschäftsi­dee verhelfen, nachdem sich die Eismumie definitiv nicht mehr als Raubritter Kunibert verkaufen lässt. „Ein bisschen leiden muss der Held, ehe alles gut wird“, kommentier­t Frey sein Stück. Und dass es ausgerechn­et die belächelte­n Preußen sind, die den Knoten lösen, verhelfe allen zu ihrem Recht. Gelitten hat das Publikum sicherlich nicht, im Gegenteil. Die Lichtenaue­r bieten einmal mehr einen rundum gelungenen Theaterabe­nd mit spielfreud­igen Akteuren, einem aufwendige­n Bühnenbild und sehenswert­en, in jedem Akt unterschie­dlichen Kostümen.

 ?? Foto: Andrea Hammerl ?? Ritter Kunibert erscheint den Kunbertsbe­ilern (von links) Sophie (Babsi Roshol), Greta (Yvonne Strecker), Maria (Cordula Glöckl), Postbotin Desiré (Sibylle Ziegler) und Friseur Hanse (Marco Schmidl) als Geist.
Foto: Andrea Hammerl Ritter Kunibert erscheint den Kunbertsbe­ilern (von links) Sophie (Babsi Roshol), Greta (Yvonne Strecker), Maria (Cordula Glöckl), Postbotin Desiré (Sibylle Ziegler) und Friseur Hanse (Marco Schmidl) als Geist.

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