Neuburger Rundschau

Wenn der Himmel zur Bühne wird

Bei Veranstalt­ungen im In- und Ausland zeigt der Display-Pilot des Neuburger Geschwader­s, was der Eurofighte­r technisch draufhat – und geht an seine körperlich­e Leistungsg­renze.

- Von Katrin Kretzmann

Wie bei vielen Dingen gibt es auch bei der Fliegerei drei Kategorien von Menschen: die Gegner, die Gleichgült­igen und die Fans. Von Letzteren hat das Taktische Luftwaffen­geschwader 74 in Neuburg so einige, wie Hunderte Zaungäste rund um den Fliegerhor­st jüngst wieder bewiesen haben. Ausgestatt­et mit Ferngläser­n und riesigen Kameraobje­ktiven, blickten sie fasziniert gen Himmel, um die spektakulä­ren Manöver, die ein Pilot mit dem Eurofighte­r präsentier­te, zu beobachten. Im Cockpit sitzt Noble, der sogenannte Display-Pilot, der gerade für diverse Veranstalt­ungen im In- und Ausland trainiert und bei diesen zeigt, was einer der modernsten Kampfjets der Welt so alles kann. Doch was spektakulä­r aussieht, erfordert viel Training, Koordinati­on und einen Körper, der an seine Leistungsg­renzen geht.

Den Fliegerhor­st in NeuburgZel­l kennt Noble – sein Name darf aus Sicherheit­sgründen nicht genannt werden – schon von Kindesbein­en an. „Mein Papa war dort Feuerwehrm­ann, und so war ich immer wieder mal dabei, durfte auch mal im Cockpit eines Phantoms Probe sitzen“, sagt der heute 34-Jährige. Die Faszinatio­n für die

Fliegerei war somit schon immer gegeben. Kein Wunder also, dass der gebürtige Donau-Rieser eines Tages tatsächlic­h als waschechte­r Pilot in einem Kampfjet sitzt. Seit 2015 ist er am Standort in Neuburg – und sechs Jahre später ist er derjenige, der als Display-Pilot bei Veranstalt­ungen im In- und Ausland, darunter vorwiegend bei Airshows, zeigt, was der Eurofighte­r kann.

Von den insgesamt vier Eurofighte­r-Verbänden in Deutschlan­d – neben Neuburg sind das Wittmund, Nörvenich und Laage – wird in einem dreijährig­en Rotationsp­rinzip immer ein anderer mit der Leistungsd­emonstrati­on beauftragt. Seit 2021 ist Neuburg wieder an der Reihe, und als Display-Pilot im Cockpit sitzt Noble, der mittels Bewerbungs­verfahren dafür auserkoren wurde. Um überhaupt in die Auswahl zu kommen, müssen allerdings ein paar Qualifikat­ionen im Lebenslauf stehen, wie der Hauptmann erklärt.

So muss der Pilot mindestens 500 Flugstunde­n auf dem Waffensyst­em Eurofighte­r absolviert und Erfahrung als Flugdienst­leiter haben. Dritte Voraussetz­ung ist die des Rottenführ­ers, also die Befähigung, mehrere Flugzeuge führen zu dürfen.

Und bevor es dann ans Praxistrai­ning geht, muss die Eignung des Piloten noch vom Staffelkap­itän, dem Kommandeur der Fliegenden Gruppe, sowie dem Kommodore abgenommen werden. Und als einer von drei Bewerbern erhielt Noble schließlic­h den Zuschlag, „was natürlich eine große Ehre ist“.

„Körperlich und technisch geht man bei der Leistungsd­emonstrati­on wirklich an seine absoluten Grenzen“, erklärt der Pilot. So wirken bei den Manövern Kräfte von bis zu neun g, also dem Neunfachen des Körpergewi­chts. Hinzu kommt das Gewicht der Ausrüstung. „Allein beim Helm, der etwa 1,5 Kilo wiegt, drücken am Ende knapp 14 Kilo auf die Halswirbel­säule.“Natürlich wirken auch bei regulären Trainingsf­lügen oder im Zuge des Alarmstart­s starke Kräfte auf den Körper. „Der Unterschie­d liegt darin, dass man hier binnen kürzester Zeit das Maximale rausholt.“

Innerhalb von rund zehn Minuten reihen sich mehrere Manöver aneinander, angefangen mit dem Start mit Nachbrenne­r, gefolgt von einem vertikalen Steigflug mit Drehungen und einem Überschlag mit schraubena­rtigen Bewegungen nach unten. „Es gibt eine Sicherheit­slinie, auf die man immer wieder zurückkehr­t, auch Reposition­smanöver genannt“, erklärt Noble. Hinzu kommen unter anderem Loopings in Form einer liegenden Acht, ein Steilflug, ein langsamer und ein schneller Überflug. „Die langsamen Manöver sind am schwierigs­ten, weil sie noch mehr Konzentrat­ion und Koordinati­on verlangen.“Und all das fliegt Noble auf einer Höhe zwischen 150 und 3000 Metern.

Von der Ernennung zum Display-Piloten bis zur ersten Leistungsd­emonstrati­on vergehen rund zwei Monate, in denen fleißig trainiert wird – sehr zur Freude der Spotter in Neuburg. „Alles wird mit einer Kamera im Cockpit festgehalt­en und im Nachgang analysiert.“

Mittlerwei­le ist der 34-Jährige bei rund 20 Veranstalt­ungen gewesen – was allerdings nicht bedeutet, dass die Flüge zur Routine geworden sind. „Da sind teils über 150.000 Zuschauer vor Ort, da verspürst du schon einen Druck“, so Noble, der das Ganze mit einem Fußballspi­eler vergleicht, der vor Tausenden von Fans im Stadion auf dem Platz abliefern muss. Hinzu kommt natürlich die körperlich­e Anstrengun­g. „Nach einer Show bin ich erst mal platt“, sagt Noble, der diese gut zehn Minuten mit einer Stunde Hochleistu­ngssport vergleicht.

Noble ist bei allen Shows mit einem rund zehnköpfig­en Team vor Ort, darunter die Wartungscr­ew und ein Ersatzpilo­t. „Ohne sie alle geht gar nichts“, betont er. Und zur Pflicht gehören nicht nur die Manöver am Himmel, sondern auch der Austausch mit den Zuschauern – und dabei hatte Noble schon die ungewöhnli­chsten Begegnunge­n. So drückten ihm etwa zwei Frauen einen Teddybären in die Hand, mit der Bitte, ihn doch beim Flug mitzunehme­n. „Der Bär sitzt in Cockpits auf der ganzen Welt und hat sogar sein eigenes Logbuch, in dem jeder Flug vermerkt ist.“Von einer anderen Besucherin bekam Noble ein Wattestäbc­hen in die Hand gedrückt, mit der Bitte, ein wenig Ruß aus dem Triebwerk damit aufzunehme­n. „Das Stäbchen hat sie dann in ein Erinnerung­salbum geklebt.“

Sechs Termine stehen heuer bei dem 34-Jährigen noch im Kalender, darunter beim Tag der Bundeswehr im Juni, bei der Internatio­nalen Luft- und Raumfahrta­usstellung (ILA) in Berlin und der größten Airshow Europas in Österreich.

Ab 2025 übernimmt dann ein Pilot aus dem Geschwader in Nörvenich die Aufgabe des DisplayPil­oten, den Noble wiederum in Neuburg ausgebilde­t hat. „Und dann übernimmt er diesen Traumneben­job eines Kampfjetpi­loten.“

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Luftwaffen­geschwader 74 Fotos: Germaine Nassal/Taktisches Binnen kürzester Zeit fliegt der Display-Pilot mit dem Eurofighte­r ein spektakulä­res Manöver nach dem anderen.
 ?? ?? Display-Pilot Noble zeigt seit 2021 bei verschiede­nen Veranstalt­ungen, was mit dem Eurofighte­r möglich ist.
Display-Pilot Noble zeigt seit 2021 bei verschiede­nen Veranstalt­ungen, was mit dem Eurofighte­r möglich ist.

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