Auf den Spuren einer Raubkatze
Wolfgang und Andreas Jägle wollten ihren Oldtimer reparieren lassen. Doch der Jaguar Typ C verschwand. Bei ihrer Suche kommen die Eichstätter ihm jetzt immer näher.
Am Freitag sollte eigentlich eine Jagd zu Ende gehen, die ihren Anfang vor mehr als drei Jahren genommen hat. Im Januar 2021 übergab Wolfgang Jägle aus Eichstätt einen Jaguar Typ C Replica an einen ihm lange bekannten Restaurator für Oldtimer und ausgewiesenen Experten für alte JaguarModelle. Doch das Auto verschwand und ist bis heute nicht mehr aufgetaucht. Aber der Unternehmer aus Eichstätt und sein Sohn Andreas gaben nicht auf und recherchierten auf eigene Faust. Nun scheint der Wagen kurz vor der Rückkehr nach Eichstätt zu stehen.
Der Deutsche, der in Tschechien eine Oldtimer-Werkstatt betreibt, ist Jaguar-Experte und hat für Wolfgang Jägle schon mehrere Oldtimer repariert und aufbereitet. Umso schlimmer war dann die Tatsache, dass das Auto plötzlich weg war. Angeblich verschwunden aus der Werkstatt. Damit begann eine drei Jahre währende Suche nach dem Jaguar. Wolfgang Jägle und sein Sohn Andreas aber gaben nie auf. Der Nachbau des Le-MansSiegerautos von 1953 ist sehr selten. Die beiden waren sich sicher:
Früher oder später muss er auftauchen.
Inzwischen glauben die Jägles, dass der Wagen zumindest zeitweise auch in Ingolstadt stand. Es gibt ein Foto aus einer Tiefgarage dort, das gut zu datieren ist. Die entscheidenden Hinweise erhielten die beiden erst vergangene Woche in England. Dorthin hatte sie die Suche nach dem verschwundenen Oldtimer geführt. In England betreibt der Deutsche Franz P. (Name geändert) eine Oldtimer-Manufaktur und handelt mit Sportwagen und Oldtimern. Von ihm hatte Wolfgang Jägle das Auto im Oktober 2020 für den Kaufpreis von 100.000 Euro erworben. Da der Wagen noch nicht komplett zusammengebaut und ohne TÜVZulassung war, ging das Auto in die Oldtimer-Werkstatt. Der Verkäufer, so Jägle, hatte sich zwar beim Verkauf eine Rückkauffrist erbeten, „die er aber, ohne sich zu melden, hat verstreichen lassen“.
Der Händler stritt den Verkauf später plötzlich ab, obwohl es einen schriftlichen Kaufvertrag gibt. Er habe sich von Wolfgang Jägle die 100.000 Euro nur geliehen. Für die Jägles ein absoluter Quatsch. „Er wollte sich tatsächlich Geld leihen. Ich habe das aber abgelehnt und ihm angeboten, den Wagen zu kaufen“, erinnert sich Wolfgang Jägle.
Deshalb auch die Rückkauffrist. Erst danach ging der Wagen zum Aufbau in die tschechische Werkstatt.
Dass der Wagen dann von dort verschwand, hat bereits ein juristisches Nachspiel. Jägle nahm sich einen Anwalt und erstattete Strafanzeige gegen den Werkstatteigentümer. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Unterschlagung erhoben, wie die Behörde auf Nachfrage bestätigte. Sollte die
kommnt Anklage zugelassen werden, es zu einer Verhandlung am Amtsgericht in Ingolstadt.
Trotz der Anzeige blieb der Jaguar verschwunden. Mehrere Schlichtungstreffen mit dem Verkäufer und dem Inhaber der Werkstatt in Tschechien verliefen für Wolfgang Jägle ergebnislos. Eine Nachfrage beim Verkäufer seitens unserer Zeitung blieb bislang ergebnislos.
Nach Presseberichten über das mysteriöse Verschwinden erhielten die beiden Eichstätter weitere Hinweise, sodass Wolfgang und Andreas Jägle vor einigen Tagen nach England reisten und dort die Spur des Jaguars weiter verfolgten. Dazu Andreas Jägle: „Wir sind über 1000 Meilen gefahren und haben zig Leute getroffen.“
Der entscheidende Hinweis kam in Form eines WhatsApp-Chats, in dem Franz P. dem Werkstattinhaber schreibt, dass der Jaguar wieder in seinem Besitz sei und er diesen nun verkaufen könne. Dazu ein Bild von dem Jaguar Typ C, das mutmaßlich in einer Ingolstädter Tiefgarage aufgenommen worden war.
Wolfgang Jägle konnte es nicht fassen. Die Nachricht wurde bereits Mitte Juni 2021 geschrieben, also 14 Tage nach dem Termin, an dem Jägle den fertiggestellten Jaguar eigentlich aus der Werkstatt zurückbekommen sollte. Damals sei der Wagen anscheinend auch bei einem Münchner Pfandleiher beliehen worden. Und nicht nur das. Der Wagen ist nach
Auskunft der Jägles zudem anderen Käufern angeboten worden.
Wolfgang und Andreas Jägle konfrontierten den Händler in England mit all ihren Rechercheergebnissen und setzten ihm und dem Inhaber der Werkstatt in Tschechien ein Ultimatum. Der Wagen sollte spätestens bis Freitag, 12. April, zurück in Eichstätt sein. Das Ultimatum verstrich jedoch. Einzig ein Schreiben vom Anwalt des Werkstattbesitzers in Tschechien erreichte die Jägles in Eichstätt. Darin bittet der Rechtsanwalt um eine Woche Aufschub. Wörtlich: „... mein Mandant wird das Fahrzeug aus logistischen und technischen Gründen erst nächste Woche übergeben können. Es wird um Bestätigung des Termins am Freitag, den 19.04.2024, gebeten, beziehungsweise um Nennung eines Alternativtermins, der nach dem 19.04.2024 liegt.“
Wolfgang und Andreas Jägle wollen ihren Jaguar zurück. Und nach diesem Schreiben befürchten sie wieder ein Spiel auf Zeit und prüfen nun auch rechtliche Schritte gegen den Verkäufer des Jaguars. Die Ermittlungen in Tschechien laufen bereits. Doppelt traurig für Wolfgang Jägle: Den Werkstattbesitzer kennt er über 40 Jahre. Da gab es mal ein Vertrauensverhältnis, das ein für alle Mal zerstört ist.