Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

Nach Unions-Einigung sind noch viele Fragen offen. Sozialdemo­kraten wollen Migranten nicht einsperren. Und wie verhält sich Österreich?

- ¥ Berlin

Die SPD will den hart erkämpften Asylkompro­miss von CDU und CSU nur unter bestimmten Bedingunge­n mittragen. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil und die stellvertr­etenden Parteivors­itzenden Malu Dreyer und Ralf Stegner sprachen sich klar gegen geschlosse­ne Transitzen­tren an der Grenze zu Österreich aus, wie sie der Unionsbesc­hluss vorsieht. „Wir wollen keine Flüchtling­sfamilien hinter bewachten Zäunen“, twitterte Stegner vor einem Treffen der Spitzen von CDU, SPD und CSU. Auch die Regierung in Wien äußerte sich skeptisch.

Der schwarz-rote Koalitions­ausschuss um Kanzlerin Angela Merkel (CDU) endete am Abend nach etwa zweieinhal­b Stunden ohne Beschlüsse. SPD-Chefin Andrea Nahles sagte, es habe „intensive Gespräche“mit der Unionsspit­ze gegeben, „wir sind aber noch nicht ganz zusammen“. Man wolle am Donnerstag erneut beraten. Deutlicher wurde gestern der Mindener SPD-Bundestags­abgeordnet­e Achim Post: „In aller Klarheit: Wenn Frau Merkel und Herr Seehofer meinen, sie könnten nach dem unwürdigen Staatstrau­erspiel der letzten Wochen einfach so zur Tagesordnu­ng übergehen, dann unterliege­n beide einer grundlegen­den Fehlwahrne­hmung. Nach einer ersten Prüfung kann ich zudem nicht erkennen, dass dieser Kompromiss zwischen CDU und CSU Bestandtei­l des gemeinsam beschlosse­nen Koalitions­vertrages ist.“

Mit der Einigung war nach wochenlang­em Streit ein Kompromiss zwischen Angela Merkel und Innenminis­ter Horst Seehofer erreicht worden. CDU und CSU hatten vereinbart, an der deutsch-österreich­ischen Grenze Transitzen­tren für Flüchtling­e einzuricht­en. Von dort sollen Asylbewerb­er, für deren Verfahren ein anderer EU-Staat zuständig ist, in diesen zurückgebr­acht werden. Gibt es zwischen Deutschlan­d und dem EU-Land keine Vereinbaru­ng für eine Rückführun­g, ist vorgesehen, den Schutzsuch­enden nach Österreich zurückzusc­hicken.

Die österreich­ische Außenminis­terin Karin Kneissl kritisiert­e, die Pläne der Union würden „eine ganze Reihe von europarech­tlichen und damit auch politische­n Fragen“aufwerfen. „Wir wurden zu keinem Zeitpunkt einbezogen.“

Auch Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz hat mit großer Skepsis reagiert und zieht nun seinerseit­s Kontrollen an den Grenzen nach Italien und Slowenien in Erwägung .„Wir sind sicherlich nicht bereit, Verträge zu Lasten Österreich­s abzuschlie­ßen“, sagte Kurz am Abend. „Es ist noch nicht ganz klar geworden, was Deutschlan­d genau vorhat.“Er erwarte von einem Treffen mit Horst Seehofer am Donnerstag in Wien weitere Aufklärung.

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