Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
In Ostwestfalen hat es 2017 gegen den Trend einen leichten Anstieg gegeben. Die IHK attestiert den Neugründungen eine erhöhte Qualität
Manches Unternehmen wird aus der Not geboren. Wer vergeblich eine feste Stelle sucht, kommt früher oder später auf die Idee, es auf eigene Faust zu versuchen und sich selbstständig zu machen. Umgekehrt sind Zeiten der Hochkonjunktur, wenn es viele Arbeitsplatzangebote und gute Bezahlung gibt, oft magere Gründerjahre. So wie 2017 und alle Jahre seit 2010. Bundesweit ist die Zahl der Firmengründungen im vergangenen Jahr um 1,06 Prozent gesunken. In NRW schrumpfte die Zahl der Gewerbeanmeldungen gar um 2 Prozent auf 147.911 Anmeldungen. „Ein Ende dieser Entwicklung ist aufgrund der guten konjunkturellen Lage nicht in Sicht“, sagt dazu Thomas Niehoff, der Hauptgeschäftsführer der Industrieund Handelskammer Ostwestfalen (IHK). Aber: In Ostwestfalen stieg die Zahl der Existenzgründungen in Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe 2017 gegen den Trend um knapp 0,9 Prozent auf 10.071 Anmeldungen. „Nicht viel“, so Niehoff, aber gemessen am negativen Bundestrend doch „erfreulich“.
Aus dem jetzt vorgestellten „Gründungsreport 2018“geht hervor, dass es die meisten Neugründungen in der Dienstleistungsbranche gab (63 Prozent). Jede vierte Anmeldung (27 Prozent) erfolgte im Handel. Verantwortlich für das Gründungsplus in der Region sei die seit Jahren zu beobachtende Zunahme der Nebenerwerbsgründungen – vor allem im Bereich der Internetwirtschaft, also zum Beispiel Onlinehandel. „Innerhalb kürzester Zeit und mit finanziell überschaubaren Mitteln lassen sich durch das Internet früher unerreichbare Märkte und Käuferschichten erschließen“, sagt dazu IHK-Handelsexperte Harald Grefe. Erstmals habe es 2017 mehr Firmengründungen im Nebenerwerb (50,3 Prozent von Unternehmern, die zusätzlich noch eine Anstellung hatten) als Haupterwerbsgründungen gegeben.
Positiv: Weil potenzielle Unternehmensgründer heute oft eine gut bezahlte Alternative als Angestellte haben, planen sie den riskanten Schritt in die Selbstständigkeit besonders gut. Sprich: Die Qualität der Gründungen sei derzeit besser als in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Die IHK zählt es im Sinne der regionalen Wirtschaft zu ihren wichtigsten Aufgaben, die Gründung von Firmen zu unterstützen und zu fördern. Gelegentlich müsse im „Startercenter“in Bielefeld gesagt werden „lass es lieber“, so Niehoff. Aber wenn es ein gutes Konzept gebe, dann würden die Interessenten in der kostenlosen Beratung dazu ermutigt, ihre Geschäftsidee zu verwirklichen.