Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Ein Kölner Investor will Bertelsmann-Genusscheine zu Billigpreis kaufen
Gütersloh. Ein ungewöhnliches Angebot ist in den vergangenen Tagen allen Anlegern ins Haus geflattert, die Genussscheine des Medienkonzerns Bertelsmann in ihren Wertpapierdepots haben. Ein gewisser Karl Müller aus Köln bietet für Genussscheine aus dem Jahr 1992 im Nominalwert von 100 Euro eine Zahlung von 143 Euro an. Für die Genussscheine aus dem Jahr 2001 will Müller für je 1,00 Euro Nominalwert 2,42 Euro bezahlen. Alle Genussscheininhaber erhielten das „freiwillige öffentliche Kaufangebot“automatisch durch ihre Bank.
„Finger weg“, warnt allerdings Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Das Angebot setze „auf die Dummheit der Leute“und die automatische Zustellung durch die depotführende Bank. Solche – vom Kaufvolumen her begrenzte – Angebote seien in der Branche bekannt und im Prinzip nicht illegal, sie seien für die Wertpapierbesitzer aber meistens ein schlechtes Geschäft. Denn der angebotene Kaufpreis bewege sich deutlich unter dem Börsenkurs.
Die Bertelsmann-Wertpapiere wurden gestern zum Kurs von 195 Prozent des Nominalwertes (statt der gebotenen 143 Prozent) im Fall des Genusscheines von 1992 mit der Wertpapierkennnummer WKN 522990 gehandelt und zum Kurs von 336 Prozent (statt 242 Prozent) im Fall des Genussscheines von 2001 mit der WKN 522994.
Müllers Angebot, gültig bis zum 6. Juli, 18 Uhr, beinhaltet also drastische Abschläge. Auf eine Anfrage reagierte er nicht. Beim DSW allerdings ist Müller schon bekannt. Angebote hat er in der jüngeren Vergangenheit etwa auch für die Aktien insolventer Firmen wie Beate Uhse, Air Berlin oder Alno unterbreitet.
Banken bestätigten, dass sie Müllers Angebot an ihre Kunden weiterleiten mussten. „Aber wir informieren unsere Kunden auch darüber, dass das Angebot offensichtlich nicht attraktiv ist“, sagte Indra Köller von der Verbund-Volksbank OWL in Paderborn. Der Tipp der Berater: Ein Verkauf an der Börse wäre lohnender.