Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

Die digitale Plattform ist während der WM hochbelieb­t. Spieler, Fans, Verbände und Medien posten, was das Zeug hält. Doch es gibt auch Schattense­iten

- Von Jessica Matyschok ¥ Bielefeld. Der Nationalsp­ieler Julian Draxler hält seine 3,5 Millionen Menschen, die ihm folgen, auf dem Laufenden.

Bei dieser Weltmeiste­rschaft zieht vor allem ein Thema die Aufmerksam­keit der Fußball-Welt auf sich: Instagram. Nicht nur die Fußballspi­eler begleiten das WMSpektake­l auf ihren OnlineProf­ilen. Auch Fans, ehemalige Spieler, Medien und Verbände posten, liken und streamen um die Wette. Neben Twitter ist Instagram in diesen Tagen wohl das beliebtest­e soziale Netzwerk. Doch ist es für die Fußballwel­t nun ein Segen oder gar ein Fluch?

Auch der DFB (2,4 Millionen Follower) hat den Trend für sich entdeckt und informiert die Fans auch über Instagram. Profession­elle Fotos der Spieler, exklusive Statements oder Startaufst­ellungen werden über den OnlineDien­st kommunizie­rt. Dabei spielt ein Faktor eine besondere Rolle: Der DFB kann stets die Kontrolle über die Informatio­nen behalten.

Das Verhalten von Abwehrspie­ler Niklas Süle ist ein Paradebeis­piel dafür, dass sich auch die Spieler mit ihrem Profil ein eigenes Sprachrohr schaffen. Nach dem frühen WM-Aus haben sich einige deutsche Nationalsp­ieler gegenüber den Medien geäußert. Süle kam nicht zu Wort. Erst auf Instagram äußerte er sich, wie auch die meisten seiner Mannschaft­skollegen. Dort forderte er die Fans auf, nicht nur gemeinsam Erfolge zu feiern, sondern auch gemeinsam verlieren zu können. Ein Nebensatz könnte ein Beleg dafür sein, wieso Instagram so relevant für die Spieler geworden ist: „ (...) Es geht mir auch nicht um die Medien, die sowieso versuchen alles schlecht zu reden...“Ein klarer Seitenhieb gegen den Journalism­us. Sein Verhalten lässt darauf schließen, dass er seine Meinung lieber auf Instagram anstatt vor den Reportern äußern wollte.

Doch ihm stimmen längst nicht alle Nutzer zu. Unter den mehr als 900 Kommentare­n steht auch: „Da muss ich den Medien auch zu Gute halten, dass es sehr schwer ist, irgendwas positives rauszuzieh­en“, schreibt der Nutzer „miasanjame­s“. Ein anderer Nutzer namens „Flink76201­8“fügt hinzu: „(...) Zumal Journalism­us sicher nicht den Auftrag hat, alles in rosa Farben zu malen.“Klar ist: Instagram ist eine Selbstdars­tellungspl­attform. Die schönen Seiten des Lebens, nicht die Schattense­iten, werden dort gezeigt. Doch das hat einen fiesen Beigeschma­ck für die Journalist­en. Wenn Statements auf Instagram anstatt vor der Presse veröffentl­icht werden, fehlt die Chance, kritisch nachzufrag­en zu können.

Und trotzdem ist Instagram eine Bereicheru­ng für die Fußball-Fans und Medien. Unter den deutschen Nationalsp­ielern gibt es lediglich einen Spieler, der nicht auf Instagram vertreten ist: Jonas Hector. Die anderen Spieler der DFB-Elf posten immer wieder Bilder aus Trainingsl­agern, von der Vorbereitu­ng oder direkt nach einer Partie. Die Krone für die meisten Follower kann sich übrigens Toni Kroos aufsetzen. Dem Real-Madrid-Star folgen 18,5 Millionen Nutzer.

Neben Fußballbil­dern zeigen die Spieler den interessie­rten Fans gern Einblicke in ihr Privatlebe­n. Natürlich verfolgen die Fußballspi­eler auch auf Instagram kommerziel­le Zwecke. So werden zum Beispiel Beiträge in Kooperatio­n mit dem Modeuntern­ehmen Hugo Boss (Julian Draxler) oder dem Nahrungsmi­ttelkonzer­n Barilla (Thomas Müller) geteilt. Die enorme Reichweite der Spieler ist für die Unternehme­n ein lukratives Geschäft.

Nicht nur die Firmen, sondern auch die Medien profitiere­n von den Instagram-Profilen der Fußball-Stars. Das zeigt die Geschichte des Isländers Rúrik Gíslason. Er machte während der WM nicht mit seiner fußballeri­schen Leistung auf sich aufmerksam, sondern mit der digitalen Plattform. Innerhalb kürzester Zeit wuchs seine Follower-Zahl von 40.000 auf rund 1,3 Millionen. Dem Spieler ist die Aufmerksam­keit selbst ein wenig peinlich. Trotzdem zeigen die weltweiten Schlagzeil­en im Fernsehen und in den Zeitungen, dass es längst ein Thema für die gesamte Bevölkerun­g ist. Mit dem Ruhm kann es schnell gehen. Doch mindestens genauso schnell kann ein Shitstorm ausgelöst werden – Instagram kann für die Fußballspi­eler zum Fluch werden. Das zeigt der Fall des Spielers Jimmy Durmaz. Nach seinem Foul in letzter Minute gegen Deutschlan­d erhielt der Schwede mit türkischen Wurzeln unter einem Instagram-Foto zahlreiche Drohungen und rassistisc­he Beleidigun­gen. Durmaz und die gesamte schwedisch­e Nationalma­nnschaft reagierten mit einem öffentlich­en Statement.

Diese WM zeigt, dass die digitale Plattform längst ein fester Bestandtei­l in der FußballWel­t ist. Auch wenn Instagram für Fans, Spieler, Medien und Verbände Fluch und Segen zugleich ist.

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FOTO: DPA

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