Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Am 4. Juli 1998 scheitert der Europameister mit 0:3 an Kroatien
Was ist bloß mit Europameister Deutschland los? Diese Frage stellen sich viele Fans nach den bescheidenen Auftritten bei der WM 1998 in Frankreich. Sowohl beim 2:0 gegen die USA als auch beim 2:2 gegen Jugoslawien und dem 2:0 gegen den Iran reißen die Schützlinge von Berti Vogts keine Bäume aus. Das Gleiche gilt für den 2:1-Achtelfinalerfolg gegen Mexiko. Das Sturmduo Jürgen Klinsmann und Oliver Bierhoff verhindert mit seinen beiden Toren ein frühes Ausscheiden.
Da Deutschland oft unter Beweis gestellt hat, eine Turniermannschaft zu sein, ist die Zuversicht am 4. Juli groß, mit einem Sieg über Kroatien ins Halbfinale einzuziehen. Es ist ein warmer Abend in Lyon, der mit einer eiskalten Dusche enden wird. Der Spielverlauf beginnt verheißungsvoll. Der Traum, die Reise zum Halbfinale in Paris gegen Gastgeber Frankreich anzutreten, so scheint es 40 Minuten lang, geht auf. Konzentriert und zielstrebig beginnen die Deutschen und zeigen ihre beste Turnierleistung.
Doch dann steht Schiedsrichter Rune Pedersen im Mittelpunkt. Der Norweger zeigt Christian Wörns, Deutschlands bestem bei dieser WM, nach einem Foul nahe der Mittellinie an Davor Suker die Rote Karte. Eine zu harte Entscheidung des Referees, so die Ansicht nicht nur der Fans.
In Unterzahl kassieren die Deutschen in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit das 0:1 durch Robert Jarni. Der Platzverweis leitet den deutschen Untergang ein. Jörg Heinrich, der die Bewachung des überragenden Suker übernimmt, ist überfordert. Taktisch lässt sich Berti Vogts herzlich wenig einfallen. Hohe Flanken in den Strafraum auf Klinsmann und Bierhoff sollen die Wende bringen. Die Methode ist gänzlich ungeeignet, die gut gestaffelte kroatische Abwehr in Gefahr zu bringen. Mit dem Mut der Verzweiflung wechselt Berti Vogts mit Olaf Marschall und Ulf Kirsten die Stürmer drei und vier ein. Das erweist sich als Rohrkrepierer. Defensive und Mittelfeld sind derart entblößt, dass die Kroaten viel Platz für Konter haben.
Die Kroaten schlagen Deutschland mit dessen Waffen. Abwartend, auf Fehler lauernd, lassen sie den Gegner ins offene Messer laufen. Goran Vlaovic erhöht in der 80. Minute auf 2:0. Davor Suker stellt fünf Minuten später den 3:0Endstand her. Als schlechter Verlierer erweist sich Berti Vogts. Er gibt Schiedsrichter und FIFA die Schuld. „Es wurden gegen uns seltsame Entscheidungen getroffen. Ob es da eine Anordnung vom Weltverband FIFA gab, weiß ich nicht. Gegen unsere Spieler wurden sehr schnell Gelbe Karten gezeigt. Die anderen konnten spucken, kratzen, beißen. Das wurde nicht geahndet.“Die tschechische Zeitung
bringt es auf den Punkt: „Das überalterte deutsche Team dachte, dass seine Bulldoggen-Mentalität auch gegen Kroatien reicht. Sie hatten sich verrechnet. Die ansehnlichen Kroaten bereiteten ihnen ein Begräbnis.“
Köpke, Matthäus, Wörns, Kohler, Heinrich, Jeremies, Tarnat, Hamann (79. Marschall), Häßler (69. Kirsten), Klinsmann, Bierhoff Ladic, Bilic, Simic, Stimac, Stanic, Soldo, Jarni, Asanovic, Boban, Vlaovic (83. Maric), Suker
0:1 Jarni (45.), 0:2 Vlaovic (80.), 0:3 Suker (85.) 43.500
Rune Pedersen
(Norwegen)