Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Die erste Hürde auf dem Weg zum Ausbildungsplatz ist die schriftliche Bewerbung. Sie entscheidet oft darüber, ob Bewerber zum Gespräch eingeladen werden. Wir haben Experten gefragt, was in eine Bewerbung gehört – und was nicht
Wie bloß anfangen? Bewerbungsanschreiben zu formulieren, ist nicht leicht: Man möchte sich dem potenziellen Arbeitgeber gut präsentieren und von anderen Bewerbern abheben. Das kann schon mal für Verzweiflung sorgen. Die Deutsche Bahn teilte kürzlich mit, dass sie ab Herbst bei angehenden Azubis auf das Anschreiben verzichten möchte, um die Bewerbung zu vereinfachen. Ein Trend? Jein. Auch wenn einige große Unternehmen auf Motivationsschreiben verzichten, manche nur bei bestimmten Berufsgruppen, gehört es insbesondere bei kleineren Unternehmen in der Regel dazu.
BEZUG ZUM UNTERNEHMEN
Für Sarah Kullmann, Dipl.-Psychologin und Recruiterin bei der ZPM Zeitarbeit Personal Management GmbH in Bielefeld, ist das Anschreiben weiterhin sehr wichtig: „Die Bewerber haben die Möglichkeit, sich und ihre Motivation darzustellen. Ich bin der Meinung, dass die Persönlichkeit eines Bewerbers zum Unternehmen passen muss. Und über die kann ein Anschreiben viel mehr Aufschluss geben als ein Lebenslauf.“Auch für Christian Kache, Projektleiter Bewerbungstraining bei den Wirtschaftsjunioren Ostwestfalen und Geschäftsführer von soma.consult in Gütersloh, hat das Anschreiben eine große Bedeutung: „Es ist das, was man als erstes liest. Und deshalb sollte es nicht nur Standard sein.“Der Experte rät, im Anschreiben einen Bezug zum Unternehmen herzustellen, um zu zeigen, warum man genau dorthin möchte. „Wenn man zum Beispiel über eine Ausbildungsbörse auf das Unternehmen aufmerksam geworden ist, sollte man das schreiben.“
KEINE VORLAGE AUS DEM NETZ
Im Internet wimmelt es nur so von Tipps für Bewerbungen. Doch Personalexpertin Sarah Kullmann warnt vor Vorlagen für Anschreiben aus dem Internet. „Das ist wirklich fatal. Ein Anschreiben soll authentisch sein. Deshalb sollte man keine Vorlagen benutzen, sondern sich überlegen, wie man sich als Person vorstellen möchte.“Man könne sich für das Anschreiben Fragen stellen wie zum Beispiel: Wer bin ich? Was macht mich aus? Was sind meine Ziele? Und warum möchte ich genau diese Ausbildung in diesem Unternehmen machen? Außerdem rät sie, im Anschreiben immer einen Ansprechpartner zu nennen – und nicht die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“zu benutzen. Finden kann man die entsprechenden Ansprechpartner, wie den Ausbildungsleiter, häufig über die Internetseite des Unternehmens.
PRAKTIKA AUFFÜHREN
Auf das Anschreiben folgt in der Regel der Lebenslauf. Dass dieser bei Bewerbern um einen Ausbildungsplatz noch nicht sehr lang ist, ist ganz normal. „Es geht nicht darum, viel reinzuschreiben, damit der Lebenslauf voller aussieht“, sagt Bewerbungstrainer Christian Kache. Wichtig sei, entscheidende Punkte wie die Schulbildung, Praktika und mögliche Auslandsaufenthalte aufzuführen. „Wer zusätzlich ein freiwilliges Praktikum in den Ferien gemacht hat, sollte das auch deutlich reinschreiben. Denn so eine Information ist für Personaler und Geschäftsführer interessant“, rät Christian Kache. Recruiterin Sarah Kullmann gibt außerdem den Tipp, die genauen Tätigkeiten der absolvierten Praktika in Stichpunkten aufzuführen.
ENGAGEMENT ZEIGEN
Außerdem wichtig: Wer ehrenamtlich tätig ist, sollte das unbedingt in seinen Lebenslauf schreiben – auch wenn es eher kleine Tätigkeiten sind. „Das zeigt Engagement – und das ist wichtig. Dazu sind ehrenamtliche Tätigkeiten im Rahmen eines Bewerbungsgesprächs ein gutes und dankbares Thema“, berichtet Christian Kache. Generell sollten Bewerber auch beim Lebenslauf darauf achten, ihn auf die künftige berufliche Tätigkeit auszurichten. Wer sich zum Beispiel für einen technischen Beruf interessiert, sollte aufführen, wenn er in der Schule an einem Computerprojekt mitgearbeitet hat. Auch Hobbys und Interessen sollten laut Christian Kache zum Berufswunsch passen: „Ein zukünftiger Sport- und Fitnesskaufmann sollte in den Lebenslauf schreiben, wenn er gerne Fußball spielt. Und eine Bewerberin zur Medizinisch-Technischen-Assistentin angeben, wenn sie in der Feuerwehr ist. Aber dieses typische Lesen, Kino, Freunde treffen – darauf würde ich verzichten.“Und außerdem gilt für den Lebenslauf: ehrlich sein. Wer sehr gute Sprachoder Computerkenntnisse angibt, muss damit rechnen, darauf getestet zu werden.
WENIGER KANN MEHR SEIN
Personalexpertin Sarah Kullmann ist der Meinung, dass das Äußere einer Bewerbung nicht überbewertet werden sollte. „Die Form muss stimmen. Aber darüber hinaus kommt es für mich vor allem auf den Inhalt an und nicht auf die Farben von Rahmen in einer Bewerbung. Sie darf ruhig dezent sein.“Eine Ausnahme bilden hier Bewerbungen für besonders kreative Berufe. Wer dann die fertige Bewerbung per Mail verschickt, sollte zuvor alles in ein PDF zusammenfügen und das Dokument korrekt benennen. Die Expertin rät: Bewerbung, Nachname und eventuell die Stelle oder das Unternehmen. Und dann heißt es: Auf die Reaktion des vielleicht künftigen Arbeitgebers warten und sich auf den nächsten Schritt, das Bewerbungsgespräch, vorbereiten.