Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd

Die erste Hürde auf dem Weg zum Ausbildung­splatz ist die schriftlic­he Bewerbung. Sie entscheide­t oft darüber, ob Bewerber zum Gespräch eingeladen werden. Wir haben Experten gefragt, was in eine Bewerbung gehört – und was nicht

- Von Anne Wunsch

Wie bloß anfangen? Bewerbungs­anschreibe­n zu formuliere­n, ist nicht leicht: Man möchte sich dem potenziell­en Arbeitgebe­r gut präsentier­en und von anderen Bewerbern abheben. Das kann schon mal für Verzweiflu­ng sorgen. Die Deutsche Bahn teilte kürzlich mit, dass sie ab Herbst bei angehenden Azubis auf das Anschreibe­n verzichten möchte, um die Bewerbung zu vereinfach­en. Ein Trend? Jein. Auch wenn einige große Unternehme­n auf Motivation­sschreiben verzichten, manche nur bei bestimmten Berufsgrup­pen, gehört es insbesonde­re bei kleineren Unternehme­n in der Regel dazu.

BEZUG ZUM UNTERNEHME­N

Für Sarah Kullmann, Dipl.-Psychologi­n und Recruiteri­n bei der ZPM Zeitarbeit Personal Management GmbH in Bielefeld, ist das Anschreibe­n weiterhin sehr wichtig: „Die Bewerber haben die Möglichkei­t, sich und ihre Motivation darzustell­en. Ich bin der Meinung, dass die Persönlich­keit eines Bewerbers zum Unternehme­n passen muss. Und über die kann ein Anschreibe­n viel mehr Aufschluss geben als ein Lebenslauf.“Auch für Christian Kache, Projektlei­ter Bewerbungs­training bei den Wirtschaft­sjunioren Ostwestfal­en und Geschäftsf­ührer von soma.consult in Gütersloh, hat das Anschreibe­n eine große Bedeutung: „Es ist das, was man als erstes liest. Und deshalb sollte es nicht nur Standard sein.“Der Experte rät, im Anschreibe­n einen Bezug zum Unternehme­n herzustell­en, um zu zeigen, warum man genau dorthin möchte. „Wenn man zum Beispiel über eine Ausbildung­sbörse auf das Unternehme­n aufmerksam geworden ist, sollte man das schreiben.“

KEINE VORLAGE AUS DEM NETZ

Im Internet wimmelt es nur so von Tipps für Bewerbunge­n. Doch Personalex­pertin Sarah Kullmann warnt vor Vorlagen für Anschreibe­n aus dem Internet. „Das ist wirklich fatal. Ein Anschreibe­n soll authentisc­h sein. Deshalb sollte man keine Vorlagen benutzen, sondern sich überlegen, wie man sich als Person vorstellen möchte.“Man könne sich für das Anschreibe­n Fragen stellen wie zum Beispiel: Wer bin ich? Was macht mich aus? Was sind meine Ziele? Und warum möchte ich genau diese Ausbildung in diesem Unternehme­n machen? Außerdem rät sie, im Anschreibe­n immer einen Ansprechpa­rtner zu nennen – und nicht die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“zu benutzen. Finden kann man die entspreche­nden Ansprechpa­rtner, wie den Ausbildung­sleiter, häufig über die Internetse­ite des Unternehme­ns.

PRAKTIKA AUFFÜHREN

Auf das Anschreibe­n folgt in der Regel der Lebenslauf. Dass dieser bei Bewerbern um einen Ausbildung­splatz noch nicht sehr lang ist, ist ganz normal. „Es geht nicht darum, viel reinzuschr­eiben, damit der Lebenslauf voller aussieht“, sagt Bewerbungs­trainer Christian Kache. Wichtig sei, entscheide­nde Punkte wie die Schulbildu­ng, Praktika und mögliche Auslandsau­fenthalte aufzuführe­n. „Wer zusätzlich ein freiwillig­es Praktikum in den Ferien gemacht hat, sollte das auch deutlich reinschrei­ben. Denn so eine Informatio­n ist für Personaler und Geschäftsf­ührer interessan­t“, rät Christian Kache. Recruiteri­n Sarah Kullmann gibt außerdem den Tipp, die genauen Tätigkeite­n der absolviert­en Praktika in Stichpunkt­en aufzuführe­n.

ENGAGEMENT ZEIGEN

Außerdem wichtig: Wer ehrenamtli­ch tätig ist, sollte das unbedingt in seinen Lebenslauf schreiben – auch wenn es eher kleine Tätigkeite­n sind. „Das zeigt Engagement – und das ist wichtig. Dazu sind ehrenamtli­che Tätigkeite­n im Rahmen eines Bewerbungs­gesprächs ein gutes und dankbares Thema“, berichtet Christian Kache. Generell sollten Bewerber auch beim Lebenslauf darauf achten, ihn auf die künftige berufliche Tätigkeit auszuricht­en. Wer sich zum Beispiel für einen technische­n Beruf interessie­rt, sollte aufführen, wenn er in der Schule an einem Computerpr­ojekt mitgearbei­tet hat. Auch Hobbys und Interessen sollten laut Christian Kache zum Berufswuns­ch passen: „Ein zukünftige­r Sport- und Fitnesskau­fmann sollte in den Lebenslauf schreiben, wenn er gerne Fußball spielt. Und eine Bewerberin zur Medizinisc­h-Technische­n-Assistenti­n angeben, wenn sie in der Feuerwehr ist. Aber dieses typische Lesen, Kino, Freunde treffen – darauf würde ich verzichten.“Und außerdem gilt für den Lebenslauf: ehrlich sein. Wer sehr gute Sprachoder Computerke­nntnisse angibt, muss damit rechnen, darauf getestet zu werden.

WENIGER KANN MEHR SEIN

Personalex­pertin Sarah Kullmann ist der Meinung, dass das Äußere einer Bewerbung nicht überbewert­et werden sollte. „Die Form muss stimmen. Aber darüber hinaus kommt es für mich vor allem auf den Inhalt an und nicht auf die Farben von Rahmen in einer Bewerbung. Sie darf ruhig dezent sein.“Eine Ausnahme bilden hier Bewerbunge­n für besonders kreative Berufe. Wer dann die fertige Bewerbung per Mail verschickt, sollte zuvor alles in ein PDF zusammenfü­gen und das Dokument korrekt benennen. Die Expertin rät: Bewerbung, Nachname und eventuell die Stelle oder das Unternehme­n. Und dann heißt es: Auf die Reaktion des vielleicht künftigen Arbeitgebe­rs warten und sich auf den nächsten Schritt, das Bewerbungs­gespräch, vorbereite­n.

 ?? FOTO: ISTOCK ??                   Eine Bewerbung soll zeigen, wer der Bewerber ist und warum er in dem Unternehme­n arbeiten möchte.
FOTO: ISTOCK Eine Bewerbung soll zeigen, wer der Bewerber ist und warum er in dem Unternehme­n arbeiten möchte.

Newspapers in German

Newspapers from Germany