Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Manch einer mag die Strapazen fürchten, aber um im Job voran zu kommen, ist ein berufsbegleitendes Studium förderlich
¥ Ein kleines Zimmer im Wohnheim, überfüllte Hörsäle und Schlangen in der Mensa manch einer hat auf all diese Dinge, die ein Studentenleben ausmachen, keine Lust. Nach dem Abitur möchten viele sofort ins Berufsleben starten. Studieren kann man in vielen Branchen und Bereichen auch „nebenbei“.
Jedoch ist das zeitlich nicht zu unterschätzen: An manchem Abend und an manchem Wochenende wird gebüffelt. Doch das lohnende Ziel vor Augen, den Abschluss und damit eine oft einher gehende berufliche Entwicklung, motiviert viele Studierende.
Rund zwei Prozent der Studenten in Deutschland studieren berufsbegleitend. „Darunter fallen jedoch nur Studienangebote, die speziell auf Berufstätige zugeschnitten sind“, erklärt Sigrun Nickel, Leiterin des Bereichs Hochschulforschung beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Hinzu kommen noch Teilzeitstudiengänge oder das duale Studium, das in eine praktische Ausbildung im Betrieb integriert ist. Manche erwerben ihren ersten akademischen Titel berufsbegleitend – oft direkt im Anschluss an eine betriebliche Ausbildung. Andere legen noch einen berufsbegleitenden Master drauf. Die meisten Angebote gibt es im Bereich Betriebswirtschaft, zunehmend auch bei Gesundheitsberufen oder in der sozialen Arbeit.
„Das berufsbegleitende Studium geht überwiegend auf die Privatinitiative der Studierenden zurück“, erzählt Hermeier. Manche würden ihrem Chef erst gar nichts davon erzählen, um keine falschen Erwartungen zu wecken. Dennoch rät der Hochschullehrer dazu, die Firma frühzeitig in die Pläne einzubeziehen.
„Das wird in der Regel sehr positiv aufgenommen.“Oft unterstützt der Arbeitgeber das Vorhaben – etwa indem er dem Mitarbeiter vor wichtigen Prüfungen freigibt. Eher selten übernimmt die Firma sogar einen Teil der Studiengebühren, wenn welche verlangt werden.
Ein Möglichkeit, das Studium als Arbeitgeber ohne finanzielle Beihilfe zu unterstützen, ist dem Mitarbeiter Bildungsurlaub zu gewähren.
Wenn das Studium kostenpflichtig sein sollte, kann man sich einen Teil davon von der Steuer wiederholen. Berufsbegleitende Studiengänge sind in der Regel kostenpflichtig. Meist erhebt die Hochschule die Gebühren für einzelne Module; die Studienordnung regelt dann, wie viele Module für den Abschluss nötig sind. „15.000 Euro für ein berufsbegleitendes Studium sind da keine Seltenheit.“Hinzu kommt: Wer einem Beruf nachgeht und nur nebenbei studiert, hat keinen Anspruch auf Bafög. Auch Studienkredite richten sich nicht an berufstätige Studenten. „Das hat eine enorme Selektionswirkung, denn so ein Studium muss man sich erstmal leisten können.“Mit einem schlecht bezahlten Job ist das oft nicht möglich.
Trotz der Mehrfachbelastung brechen nur wenige ab. Bei einem Abbruch sind meist auch die bereits angefallenen Studiengebühren verloren. Doch das heißt auch: Jeder Fünfte bewältigt das Pensum nicht. „Teilweise liegt das an der fehlenden fachlichen Eignung, aber oft auch am Zeitmanagement“, sagt Hermeier. Knapp 20 Stunden pro Woche sollten Studierende für das Studium einplanen – etwa die Hälfte davon für die Präsenzphasen.
Im Job voranzukommen, ist ein Grund für ein berufsbegleitendes Studium. Doch mindestens ebenso wichtig ist es vielen Studenten, sich persönlich weiterzuentwickeln. Da es keine Absolventenstudien speziell für das Studium neben dem Beruf gibt, lässt sich nicht klar sagen, ob sich die Investition für den einzelnen immer rechnet. Fest steht jedoch: In Hochschulbildung zu investieren, lohnt sich oft. So verdienen Akademiker nicht nur besser, auch die Arbeitslosenquote ist unter Hochschulabsolventen extrem niedrig.