Neue Westfälische - Bielefelder Tageblatt - Bielefeld Süd
Die erste weibliche WM-Stimme wird im Netz beleidigt. Jetzt äußert sie sich erstmals dazu
■ Berlin (dpa). Nach Tagen der Anfeindungen hat sich ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann in der Zeit erstmals zu den sexistischen Beleidigungen gegen sie geäußert. „Ich finde das einfach grauenvoll“, sagte die 54-Jährige. „Man kann den Menschen nur immer wieder zurufen: Geht länger zur Schule. Bildet euch weiter, erweitert euren Bewusstseinshorizont, dann lernt man auch, andere Haltungen zu tolerieren.“
Während der Fußball-Weltmeisterschaft ist Neumann online aufs Übelste beschimpft worden. Sie ist die einzige Frau, die im deutschen Fernsehen Spiele der WM in Russland kommentiert hat – viele Beleidigungen waren frauenfeindlich. „Vielleicht brauchen Männer ihre kleine Oase des Rückzugs, in der man sie Kind sein lässt“, sagte Neumann nun dazu.
Das ZDF stellte jetzt Strafantrag gegen zwei Nutzer. Die Hetze gerade in sozialen Netzwerken sei laut der Kommentatorin „kein Claudia-Neumann-Problem, sondern ein gesellschaftliches Phänomen“. Ob es weibliche Kommentatoren seien oder homosexuelle Spieler, Fußballer mit Migrationshintergrund – manche Menschen scheinen laut Neumann nicht akzeptieren zu wollen, dass ihnen das Altbekannte abhandenkommt.
Verändert habe sie ihre Arbeit angesichts der Hetzer nicht: „Ich knicke doch nicht vor diesen Leuten ein.“Seit der EM 2016 – schon damals war sie zur Zielscheibe geworden – überlege sie sich aber „zweimal, mit welchen Worten und mit welcher Wucht ich einen Spieler oder Trainer oder Manager kritisiere, weil ich nun weiß, wie tief das gehen kann“.
Die ZDF-Journalistin sei zwar keine Feministin, übernehme aber jetzt als Vorreiterin „einen Teil Verantwortung im gesellschaftlichen Bereich“.