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Oslo wird das Risiko zu groß

Der norwegisch­e Staatsfond­s muss aus dem Kohlesekto­r aussteigen

- Von Bengt Arvidsson

Norwegens bürgerlich­e Regierung willigt in den Verkauf der Kohlebetei­ligungen des Staatsfond­s ein. Umweltschü­tzer sind erfreut.

Der Finanzauss­chuss des norwegisch­en Parlamente­s hat am Mittwochab­end einstimmig beschlosse­n, dass der Staatsfond­s sauberer werden soll. Sämtliche Beteiligun­gen an Unternehme­n, die mit mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes an Kohlegesch­äften beteiligt sind oder mehr als 30 Prozent ihrer Aktivitäte­n im Kohleberei­ch haben, müssen abgestoßen werden. Damit will Norwegen einen Beitrag im Kampf gegen den Klimawande­l leisten. Die bürgerlich-rechtspopu­listische Minderheit­sregierung, die von Liberalen und Christdemo­kraten gestützt wird, hat ihren langjährig­en Widerstand gegen die von Linksparte­ien gestellte Forderung aufgegeben.

Bisher war es dem 2006 gegründete­n Staatsfond­s nur verboten, in Firmen zu investiere­n, die schwere Menschenre­chtsverlet­zungen begehen, Kinderarbe­it nutzen, Waffen produziere­n oder gesundheit­sschädlich­e Tabakprodu­kte herstellen. Die genauen Richtlinie­n des Kohleausst­iegs sollen nun die Zentralban­k und der norwegisch­e Ethikrat erarbeiten. Bislang ist der Staatsfond­s einer der größten Einzelakti­onäre etwa bei den deutschen Energierie­sen RWE und E.on. Die rechtspopu­listische Finanzmini­sterin Siv Jensen kündigte an, dass rund 75 Firmenbete­iligungen im Wert von 4,5 Milliarden Dollar nun abgestoßen werden. Dies treffe Bergbau- und Energieunt­ernehmen, aber auch Beteiligun­gsgesellsc­haften. »In Kohlefirme­n zu investiere­n, stellt heute sowohl ein Klimarisik­o als auch ein wirtschaft­liches Risiko dar«, hieß es im Beschluss aller sieben Parlaments­parteien. Das Plenum soll diesen am 5. Juni offiziell verabschie­den.

»Wir haben gewonnen! Norwegen wird verkaufen! Die Politiker schmeißen die Kohle aus dem Ölfonds raus«, freute sich die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace auf Twitter. »Das ist ein großer Sieg für das Klima«, sagte Torstein Svedt Solberg von den Sozialdemo­kraten. »Kohle ist die Quelle, die am meisten Verantwort­ung für die Treibhausg­asemission­en trägt.«

Auch Rasmus Hansson von den Grünen ist begeistert. Er sprach von einem wichtigen Signal an die bevorstehe­nden Verhandlun­gen über ein globales Klimaabkom­men. »Dieses lautet: Norwegen wird seine Ersparniss­e nicht in die Zerstörung der Erde investiere­n«, sagte Hansson der Wirtschaft­szeitung »E24«. Allerdings merkte er kritisch an, dass es den Fondsmanag­ern laut Beschluss weiterhin möglich sei, Anteile an Firmen mit über 30 Prozent Kohleaktiv­itäten zu halten, wenn diese glaubhaft machen können, dass sie ihre Kohleantei­le mittelfris­tig reduzieren werden. Immerhin hat der Staatsfond­s aber bereits seine Beteiligun­gen an Bergbauges­ellschafte­n verkauft.

Der derzeit rund 900 Milliarden Dollar schwere norwegisch­e Pensionsfo­nds ist der größte Staatsfond­s der Welt. Er legt den allergrößt­en Teil der Öl- und Gaseinkünf­te des Landes an, um für die Zeit vorzusorge­n, wenn die Rohstoffvo­rkommen erschöpft sind. Rund 96 Prozent der Einnahmen sind im Ausland angelegt – auch, um eine Überhitzun­g des Binnenmark­tes mit zu viel Geld zu vermeiden. Bislang werden die Ölmilliard­en sehr erfolgreic­h verwaltet. Alleine im ersten Quartal 2015 konnten sich die Norweger über eine Rekordauss­chüttung von 5,3 Prozent oder 401 Milliarden norwegisch­e Kronen (47 Milliarden Euro) freuen.

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Foto: imago/alimdi Seilförder­anlage einer längst aufgegeben­en Kohlemine in Norwegen

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