Kommunen driften auseinander
Laut KfW wächst der Investitionsrückstand
Über ein Drittel aller Kommunen kommt nicht mehr aus der Schuldenfalle heraus. Dies hat vor allem negative Folgen für die Infrastruktur.
Dank relativ guter Konjunktur und wachsender Beschäftigung kann sich der Staat derzeit über sprudelnde Steuereinnahmen freuen. Auf den ersten Blick kommt der fiskalische Geldsegen auch bei den Kommunen an. Jede fünfte Gemeinde schätzt ihre Finanzlage als gut oder sehr gut ein, während es vergangenes Jahr lediglich 13 Prozent waren. Dies geht aus dem am Freitag veröffentlichen Kommunalpanel 2015 der KfW-Bank hervor, für das die staatliche Förderbankengruppe Ende vergangenen Jahres knapp 3800 Städte, Gemeinden und Landkreise befragte.
Doch der Schein trügt. Denn gleichzeitig nahm auch der Anteil der Gemeinden, die ihren Haushalt nicht ausgleichen konnten, von 26 auf 29 Prozent zu. So erreichten zwar alle Kommunen zusammen im Jahr 2014 in ihren Kernhaushalten einen kleinen Überschuss von 200 Millionen Euro. Doch rechnet man alle Extrahaushalte mit ein, wird daraus schnell ein Minus von 657 Millionen Euro.
Auf über 135 Milliarden Euro belief sich Ende 2013 der gesamte Schuldenberg der Gemeinden. Neuere Zahlen weist das Statistische Bundesamt nicht aus. Für die KfW ist die Lage der Kommunalfinanzen in der Gesamtschau zwar entspannt. »Dies gilt indes nicht für mehr als die Hälfte der größeren Städte und für solche Kommunen, die bereits eine hohe Schuldenlast zu stemmen haben«, schreiben die KfW-Forscher. So müssen sich 35 Prozent aller Kommunen schon seit mehr als zehn Jahren ohne Hoffnung auf Verbesserung mit einer negativen Gesamtfinanzsituation herumschlagen. Zudem bezeichnet jede zweite Stadt mit mehr als 50 000 Einwohnern ihre finanzielle Lage als mangelhaft.
Dies hat Folgen für die Infrastruktur. Wenn die Kommunen unter hohem Handlungsdruck stehen, ihre Haushalte zu konsolidieren, suchen sie meist kurzfristige Lösungen. Das heißt, sie kürzen vor allem bei Ausgaben für die Unterhaltung von Infrastruktur und reduzieren ihre Investitionen auf das Notwendigste.
Dadurch ist nach Angaben der KfW vergangenes Jahr auch wieder der kommunale Investitionsstau größer geworden. Waren im Jahr 2013 noch 118 Milliarden Euro notwendig, um Straßen, Brücken, Schulgebäude und Co. wieder auf Vordermann zu bringen, so waren es Ende 2014 bereits 132 Milliarden Euro. Daran konnte auch nichts ändern, dass die Kommunen vergangenes Jahr mit 28 Milliarden Euro rund drei Milliarden Euro mehr investierten als ein Jahr zuvor.
Trotzdem ist KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner optimistisch: »In den nächsten Jahren könnte der Investitionsstau abschmelzen, da sich der Bund bei der Finanzierung von Sozialausgaben verstärkt beteiligt.« So setzt Zeuner Hoffnung in die anstehende Neuordnung der BundLänder-Finanzbeziehungen. Diese biete die Gelegenheit, die strukturellen Probleme der Kommunalfinanzen umfassend anzugehen und die öffentlichen Investitionen zu erhöhen.