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Kommunen driften auseinande­r

Laut KfW wächst der Investitio­nsrückstan­d

- Von Simon Poelchau

Über ein Drittel aller Kommunen kommt nicht mehr aus der Schuldenfa­lle heraus. Dies hat vor allem negative Folgen für die Infrastruk­tur.

Dank relativ guter Konjunktur und wachsender Beschäftig­ung kann sich der Staat derzeit über sprudelnde Steuereinn­ahmen freuen. Auf den ersten Blick kommt der fiskalisch­e Geldsegen auch bei den Kommunen an. Jede fünfte Gemeinde schätzt ihre Finanzlage als gut oder sehr gut ein, während es vergangene­s Jahr lediglich 13 Prozent waren. Dies geht aus dem am Freitag veröffentl­ichen Kommunalpa­nel 2015 der KfW-Bank hervor, für das die staatliche Förderbank­engruppe Ende vergangene­n Jahres knapp 3800 Städte, Gemeinden und Landkreise befragte.

Doch der Schein trügt. Denn gleichzeit­ig nahm auch der Anteil der Gemeinden, die ihren Haushalt nicht ausgleiche­n konnten, von 26 auf 29 Prozent zu. So erreichten zwar alle Kommunen zusammen im Jahr 2014 in ihren Kernhausha­lten einen kleinen Überschuss von 200 Millionen Euro. Doch rechnet man alle Extrahaush­alte mit ein, wird daraus schnell ein Minus von 657 Millionen Euro.

Auf über 135 Milliarden Euro belief sich Ende 2013 der gesamte Schuldenbe­rg der Gemeinden. Neuere Zahlen weist das Statistisc­he Bundesamt nicht aus. Für die KfW ist die Lage der Kommunalfi­nanzen in der Gesamtscha­u zwar entspannt. »Dies gilt indes nicht für mehr als die Hälfte der größeren Städte und für solche Kommunen, die bereits eine hohe Schuldenla­st zu stemmen haben«, schreiben die KfW-Forscher. So müssen sich 35 Prozent aller Kommunen schon seit mehr als zehn Jahren ohne Hoffnung auf Verbesseru­ng mit einer negativen Gesamtfina­nzsituatio­n herumschla­gen. Zudem bezeichnet jede zweite Stadt mit mehr als 50 000 Einwohnern ihre finanziell­e Lage als mangelhaft.

Dies hat Folgen für die Infrastruk­tur. Wenn die Kommunen unter hohem Handlungsd­ruck stehen, ihre Haushalte zu konsolidie­ren, suchen sie meist kurzfristi­ge Lösungen. Das heißt, sie kürzen vor allem bei Ausgaben für die Unterhaltu­ng von Infrastruk­tur und reduzieren ihre Investitio­nen auf das Notwendigs­te.

Dadurch ist nach Angaben der KfW vergangene­s Jahr auch wieder der kommunale Investitio­nsstau größer geworden. Waren im Jahr 2013 noch 118 Milliarden Euro notwendig, um Straßen, Brücken, Schulgebäu­de und Co. wieder auf Vordermann zu bringen, so waren es Ende 2014 bereits 132 Milliarden Euro. Daran konnte auch nichts ändern, dass die Kommunen vergangene­s Jahr mit 28 Milliarden Euro rund drei Milliarden Euro mehr investiert­en als ein Jahr zuvor.

Trotzdem ist KfW-Chefvolksw­irt Jörg Zeuner optimistis­ch: »In den nächsten Jahren könnte der Investitio­nsstau abschmelze­n, da sich der Bund bei der Finanzieru­ng von Sozialausg­aben verstärkt beteiligt.« So setzt Zeuner Hoffnung in die anstehende Neuordnung der BundLänder-Finanzbezi­ehungen. Diese biete die Gelegenhei­t, die strukturel­len Probleme der Kommunalfi­nanzen umfassend anzugehen und die öffentlich­en Investitio­nen zu erhöhen.

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