Nur 25 Prozent abscheulich
Verbrechen von »Aidar« im Donbass heruntergespielt
Mord, Folter und Vergewaltigung sind Straftaten, die inzwischen sogar nach Ansicht der Staatsanwaltschaft in Kiew von Angehörige des im Donbass eingesetzten regierungstreuen Bataillons »Tornado« verübt wurden. Die Truppe soll nun aufgelöst werden. Auch dessen Kameraden vom rechtsextremen Bataillon »Aidar« stehen längst unter schwerstem Verdacht.
So übergab der Gouverneur der Region Lugansk, Gennadi Moskal, der ukrainischen Staatsanwaltschaft bereits eine Liste mit 65 Verbrechen, die von »Aidar«-Mitgliedern begangen worden sein sollen. Es gehe dabei um »massenhafte Erpressung, Entführungen, Folter, Raub, und illegalen Waffenhandel«, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Bericht der regierungsnahen »Kyiv Post«.
Der Anführer des »Aidar«-Bataillons, Sergej Melnichuk, der auch Abgeordneter der Werchowna Rada ist, steht nach der Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität bereits in Kiew unter an Anklage. Der Generalstaatsanwalt der Ukraine wirft Melnichuk und weiteren »Aidar«Mitgliedern Übergriffe auf private Unternehmern in der Region Lugansk und darüber hinaus die Bildung einer »illegalen bewaffneten Formation« vor.
Diese Ermittlung gegen den Millizenführer und dessen marodierende Truppen setzen nun offenbar auch den Statthalter Kiews in der Region unter Druck. Die »Opfer der Verbrechen und ihre Verwandten flehen mich jeden Tag an, dass die Täter bestraft werden«, lässt er über seine Homepage bekannt geben. Doch Moskal selbst hat allzu lange beide Augen zugedrückt. Bereits im September vergangenen Jahres hatte »Amnesty international« (AI) dem »Aidar«-Bataillon »schwere Menschrechtsverletzungen« vorgeworfen. »Wir haben Folter dokumentiert, Misshandlungen, Entführungen und Lösegeld-Erpressung«, erklärte damals Bogdan Ovcharuk, Sprecher von AI in der Ukraine.
Dennoch versucht Moskal auch jetzt noch die Hand über das Bataillon zu halten. So verteidige »Aidar« die »territoriale Integrität der Ukraine«, nur hätte ein Teil sich entschlossen, »mit dem Krieg Geld zu verdienen«, so Moskal. Und »nur« 25 Prozent der von ihm aufgelisteten Straftaten seien wirklich »abscheulich«.
Die Aidar-Leute kommentieren die Vorwürfe gelassen. »Wenn man uns vorwirft, eine bewaffnete Gang zu sein, dann hat das Verteidigungsministerium selbst diese Gang geschaffen«, erklärte Melnichuk. Einer seiner Offiziere ließ durchblicken, dass Moskals Liste nicht auf eigenen Ermittlungen beruhe. »Er hat Informationen präsentiert, die wir ihm zuvor gegeben haben.« Es könne keinen Konflikt zwischen dem Gouverneur Moskal und »Aidar« geben, da es dem Gouverneur unterstellt sei. Oder ist es umgekehrt?