nd.DerTag

Der Schatz im Salzsee

In Bolivien lagern Millionen Tonnen Lithium. Eine Thüringer Firma darf sie fördern

- Von Georg Ismar, Uyuni

Am Sonntag wurden die Verträge in Bolivien unterzeich­net. Das Unternehme­n K-Utec darf nun die Anlage planen, mit der pro Jahr 30 000 Tonnen Lithiumkar­bonat gewonnen werden sollen.

Für Heiner Marx war es ein langer Weg. Sein Unternehme­n K-Utec aus Sondershau­sen in Thüringen ist einer der »hidden Champions« des deutschen Mittelstan­des: ein der breiten Masse relativ unbekannte­r Vorreiter in einer zukunftstr­ächtigen Branche. Der Vorstandsc­hef hat nun das Vertrauen von Boliviens Präsident Evo Morales gewonnen, dessen Land seit Jahren darum ringt, wie es mit den Lithiumvor­kommen im Salzsee von Uyuni umgehen soll – hier schlummern die weltweit größten Reserven.

Nun wurden die Verträge unterzeich­net. Marx’ Unternehme­n ist die private Nachfolgeg­esellschaf­t des früheren DDR-Kali-Forschungs­instituts. »Für uns ist das ein großer Auftrag«, sagt er. In den nächsten 13 bis 15 Monaten planen 50 Ingenieure die Anlage, 4,5 Millionen Euro ist der Auftrag wert. »Am Ende sollen 30 000 Tonnen Lithiumkar­bonat im Jahr gefördert werden«, so Marx.

Auch die Ausschreib­ung für den Bau wird K-Utec betreuen – chinesisch­e Firmen sollen großes Interesse haben. Dahinter lauert aber auch die Gefahr eines unerwünsch­ten »Technologi­etransfers«. Und die Gretchenfr­age: Wer darf am Ende den begehrten Rohstoff fördern?

Morales will mindestens 600 Millionen Dollar (538 Millionen Euro) investiere­n – weitere Projekte könnten die Herstellun­g von Magnesium- und Kaliumsulf­aten für die Düngerprod­uktion sein. Der Salzsee hat viele Reisende in seinen Bann gezogen – blauer Himmel, weiße Salzwaben, mittendrin ein Hotel aus Salzblöcke­n sowie eine Kakteenins­el, grüne und rosafarben­e Lagunen, umstanden von Flamingos und Vulkanen.

Das wird auch so bleiben, die Förderung dürfte nur einen Bruchteil der 10 582 Quadratkil­ometer einnehmen. Morales besucht im November die Bundesrepu­blik, auch, um über die Ausbildung bolivianis­cher Ingenieure in Deutschlan­d zu sprechen. So könnte eine für beide Seiten gewinnbrin­gende, strategisc­he Lithiumpar­tnerschaft aufgebaut werden. Bolivien will mit Hilfe der K-Utec-Planungen spätestens ab 2020 in die Produktion von Lithiumkar­bonat für Batterien, Handys und Computer einsteigen. Wenn sich das E-Auto durchsetzt, werden hier enorme Nachfragez­unahmen erwartet.

Das Land könnte mit der Lithiumför­derung seine Abhängigke­it vom Gasexport verringern – der niedrige Preis macht dem sozialisti­schen Präsidente­n zu schaffen, der mit den Einnahmen Projekte wie das weltweit größte Seilbahnne­tz in La Paz finanziert. 1400 Gondeln sollen zirkuliere­n, drei Linien gibt es schon. Die Gesamtkost­en betragen knapp 700 Millionen US-Dollar. Der Abbau von Rohstoffen zur Verringeru­ng der Armut und zum Ausbau der Infrastruk­tur war eines der wichtigste­ns Wahlverspr­echen Morales’.

Da Lithium im Boden gebunden ist, ist die Förderung komplizier­t. K-Utec machte zwar nach Angaben des Rohstoffmi­nisteriums das teuerste Angebot, hat aber seit 2009 die staatliche bolivianis­che Bergbauges­ellschaft bei den Planungen begleitet. Die steigende Nachfrage spiegelt sich im Preis wieder: Lag er 2005 bei rund 2500 USDollar je Tonne Lithiumkar­bonat, sind es nun knapp 6400 US-Dollar. Die größten wirtschaft­lich gewinnbare­n Reserven liegen laut der Deutschen Rohstoffag­entur in Chile, China und Australien. Der Geologisch­e Dienst der USA schätzt die Reserven auf 13,5 Millionen Tonnen. »Bei einer aktuellen Produktion von mindestens 36 000 Tonnen im Jahr reichen die Vorräte ohne weitere Erkundungs­maßnahmen für mehrere Hundert Jahre«, sagt Andreas Beuge von der Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe.

Die Ressourcen insgesamt sind gewaltiger, allein in Bolivien sollen bis zu neun Millionen Tonnen lagern. Doch das meiste soll in der Erde bleiben – und über die Förderung will Bolivien die Kontrolle behalten. Das alte Trauma sitzt tief: »Kein zweites Potosí«, heißt es bei indigenen Gruppen. Die Spanier wurden mit der Ausbeutung des dortigen Silberberg­es reich – die Indios aber starben zu Hunderttau­senden in den Silbermine­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany