Der Schatz im Salzsee
In Bolivien lagern Millionen Tonnen Lithium. Eine Thüringer Firma darf sie fördern
Am Sonntag wurden die Verträge in Bolivien unterzeichnet. Das Unternehmen K-Utec darf nun die Anlage planen, mit der pro Jahr 30 000 Tonnen Lithiumkarbonat gewonnen werden sollen.
Für Heiner Marx war es ein langer Weg. Sein Unternehmen K-Utec aus Sondershausen in Thüringen ist einer der »hidden Champions« des deutschen Mittelstandes: ein der breiten Masse relativ unbekannter Vorreiter in einer zukunftsträchtigen Branche. Der Vorstandschef hat nun das Vertrauen von Boliviens Präsident Evo Morales gewonnen, dessen Land seit Jahren darum ringt, wie es mit den Lithiumvorkommen im Salzsee von Uyuni umgehen soll – hier schlummern die weltweit größten Reserven.
Nun wurden die Verträge unterzeichnet. Marx’ Unternehmen ist die private Nachfolgegesellschaft des früheren DDR-Kali-Forschungsinstituts. »Für uns ist das ein großer Auftrag«, sagt er. In den nächsten 13 bis 15 Monaten planen 50 Ingenieure die Anlage, 4,5 Millionen Euro ist der Auftrag wert. »Am Ende sollen 30 000 Tonnen Lithiumkarbonat im Jahr gefördert werden«, so Marx.
Auch die Ausschreibung für den Bau wird K-Utec betreuen – chinesische Firmen sollen großes Interesse haben. Dahinter lauert aber auch die Gefahr eines unerwünschten »Technologietransfers«. Und die Gretchenfrage: Wer darf am Ende den begehrten Rohstoff fördern?
Morales will mindestens 600 Millionen Dollar (538 Millionen Euro) investieren – weitere Projekte könnten die Herstellung von Magnesium- und Kaliumsulfaten für die Düngerproduktion sein. Der Salzsee hat viele Reisende in seinen Bann gezogen – blauer Himmel, weiße Salzwaben, mittendrin ein Hotel aus Salzblöcken sowie eine Kakteeninsel, grüne und rosafarbene Lagunen, umstanden von Flamingos und Vulkanen.
Das wird auch so bleiben, die Förderung dürfte nur einen Bruchteil der 10 582 Quadratkilometer einnehmen. Morales besucht im November die Bundesrepublik, auch, um über die Ausbildung bolivianischer Ingenieure in Deutschland zu sprechen. So könnte eine für beide Seiten gewinnbringende, strategische Lithiumpartnerschaft aufgebaut werden. Bolivien will mit Hilfe der K-Utec-Planungen spätestens ab 2020 in die Produktion von Lithiumkarbonat für Batterien, Handys und Computer einsteigen. Wenn sich das E-Auto durchsetzt, werden hier enorme Nachfragezunahmen erwartet.
Das Land könnte mit der Lithiumförderung seine Abhängigkeit vom Gasexport verringern – der niedrige Preis macht dem sozialistischen Präsidenten zu schaffen, der mit den Einnahmen Projekte wie das weltweit größte Seilbahnnetz in La Paz finanziert. 1400 Gondeln sollen zirkulieren, drei Linien gibt es schon. Die Gesamtkosten betragen knapp 700 Millionen US-Dollar. Der Abbau von Rohstoffen zur Verringerung der Armut und zum Ausbau der Infrastruktur war eines der wichtigstens Wahlversprechen Morales’.
Da Lithium im Boden gebunden ist, ist die Förderung kompliziert. K-Utec machte zwar nach Angaben des Rohstoffministeriums das teuerste Angebot, hat aber seit 2009 die staatliche bolivianische Bergbaugesellschaft bei den Planungen begleitet. Die steigende Nachfrage spiegelt sich im Preis wieder: Lag er 2005 bei rund 2500 USDollar je Tonne Lithiumkarbonat, sind es nun knapp 6400 US-Dollar. Die größten wirtschaftlich gewinnbaren Reserven liegen laut der Deutschen Rohstoffagentur in Chile, China und Australien. Der Geologische Dienst der USA schätzt die Reserven auf 13,5 Millionen Tonnen. »Bei einer aktuellen Produktion von mindestens 36 000 Tonnen im Jahr reichen die Vorräte ohne weitere Erkundungsmaßnahmen für mehrere Hundert Jahre«, sagt Andreas Beuge von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
Die Ressourcen insgesamt sind gewaltiger, allein in Bolivien sollen bis zu neun Millionen Tonnen lagern. Doch das meiste soll in der Erde bleiben – und über die Förderung will Bolivien die Kontrolle behalten. Das alte Trauma sitzt tief: »Kein zweites Potosí«, heißt es bei indigenen Gruppen. Die Spanier wurden mit der Ausbeutung des dortigen Silberberges reich – die Indios aber starben zu Hunderttausenden in den Silberminen.