nd.DerTag

Drei Fragen bleiben bisher offen

- Von Marcus Meier

Reker-Attentäter Frank S. stand über die Jahre immer wieder im Kontakt mit der rechtsextr­emen Szene. So viel ist klar. Doch bleiben weitere Fragen bisher ungeklärt. Ein Überblick.

War das Reker-Attentat nicht die erste Messeratta­cke des Frank S.? Er soll schon in den 1990er-Jahren im Raum Bonn unter dem Spitznamen »Messerstec­her« bekannt gewesen sein, wie linke Aktivisten über die Webseite der Antifa Rhein/Sieg kolportier­en. Bereits 1993 soll demgemäß ein Verfahren vor dem Amtsgerich­t Bonn gegen ihn stattgefun­den haben – wegen einer Messeratta­cke. Mehrfach soll S. zudem Nazi-Gegner mit Messern bedroht haben. Der Generalbun­desanwalt, der das Verfahren an sich zog, mag sich dazu nicht äußern. Der Grund: Das laufende Ermittlung­sverfahren und die Persönlich­keitsrecht­e des mutmaßlich­en Täters, so eine Sprecherin des Hauses.

War Frank S. V-Mann des Verfassung­sschutzes oder kooperiert­e er in anderer Form mit dem Inlandsgeh­eimdienst? Sowohl das Bundes- als auch das nordrheinw­estfälisch­e Landesamt für Verfassung­sschutz beschwiege­n am Mittwoch eine entspreche­nde Anfrage des »nd«. Der Verdacht kam auf, weil S. jahrelang Transferle­istungen von der Kölner Arbeitsage­ntur, vulgo: Hartz IV bezogen haben will, ohne je dort vorstellig geworden zu sein. War er in den 1990er-Jahren aufgrund drohender weiterer Haftstrafe­n erpressbar und wurde zur Kooperatio­n »ermuntert«, indem man ihm Vorteile versprach? Hielt jemand später wegen einer Zusammenar­beit die schützende Hand über ihn, so dass er den bei Nichtkoope­ration sonst unvermeidl­ichen Strafmaßna­hmen der Arbeitsage­ntur entging? Mittlerwei­le betont die Arbeitsage­ntur Köln, es habe entgegen dessen Aussagen einen regelmäßig­en Austausch mit Frank S. gegeben, der sich an alle Regeln gehalten habe. Doch welches Interesse sollte S. haben, einen anderweiti­gen Eindruck zu erwecken? Der Grünen-Politiker Volker Beck warnt vor wilden Spekulatio­nen – und fordert rückhaltlo­se Aufklärung. »Es geht darum, dass das Landes- und Bundesamt für Verfassung­sschutz transparen­t machen, welche Erkenntnis­se und eventuelle Verbindung­en es zu Frank S. gibt.«

War Frank S. ein Einzeltäte­r oder waren andere Personen an der Tat beteiligt? Dass die Tat offensicht­lich politisch motiviert war, wird seitens der Behörden nicht bestritten. Doch wird das Bild eines psychisch labilen Mannes gezeichnet, der kurz vor dem Suizid stand. Beseitigt jemand in einem solchen Zustand tatsächlic­h sorgfältig alle Spuren, die auf die Tatplanung hinweisen, lässt sogar die Festplatte seines Computers verschwind­en? Und wenn ja: Warum, wenn er sich später bereitwill­ig festnehmen lässt und singt wie ein Schwarm Amseln, jedenfalls, wenn es um die eigene Tatbeteili­gung geht? Will Frank S. Mittäter decken? Laut Medienberi­chten übten Neonazis, darunter die regional bedeutsame Pegida-Organisato­rin Melanie Dittmer, in einem Wald bei Köln den Nahkampf mit Messern. Es hat sich dabei laut Dittmer um »reine Abwehrübun­gen« gehandelt. Doch offenbar trainierte­n die Rechten auch gezielte Stiche in den Hals. Noch 1998 wurde Frank S. in einer Postille der »Jungen Nationalde­mokraten« (JN) als »inhaftiert­er Kamerad« gegrüßt. Damals war Dittmer eine wichtige JNAktivist­in in NRW und soll zugleich als Redakteuri­n des besagten JN-Blattes fungiert haben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany