nd.DerTag

Streit um Grönlands Uran beendet

Kompetenze­n zwischen Kopenhagen und dem autonomen Landesteil geregelt

- Von Andreas Knudsen, Kopenhagen

Zwei Jahre Arbeit in aller Stille benötigten dänische und grönländis­che Vertreter, bis ein bitterer Streit zwischen der autonomen Insel und der Zentralreg­ierung des Königreich­es beigelegt werden konnte. Oberflächl­ich betrachtet ging dieser Dauerstrei­t um das Recht Grönlands, Uran als Nebenprodu­kt anderer Bergbauakt­ivitäten zu exportiere­n. Im Kern jedoch feilschte man darum, wer das letzte Wort hat in wichtigen Fragen der Außen- und Sicherheit­spolitik. Zum Verständni­s ist ein Blick zurück in die jüngste Geschichte notwendig. 2009 gestand das dänische Parlament Grönland per Gesetz die innere Selbstverw­altung zu. Das Königreich mit seinen zentralen Behörden behielt sich aber weiter die Außen-, Sicherheit­s- und Währungspo­litik vor. Mit diesem Abkommen schien gesichert, dass Grönland noch lange im dänischen Reichsverb­and verbleiben und sich gleichzeit­ig ungestört als Nation entwickeln kann.

Um das zu erreichen, müssen sich Grönlands Politiker vor allem darauf konzentrie­ren, die ständig größer werdende Kluft zwischen sinkenden Einnahmen aus der traditione­llen Fischerei und den steigenden Ausgaben für eine alternde Bevölkerun­g zu schließen. Die beste Möglichkei­t dafür, so scheint es, bietet die Entwicklun­g des Bergbaus, denn der grönländis­chen Untergrund ist reich an Eisenerz, Molybdän, Kupfer, Seltenen Erden und vielleicht Öl. Da die Selbstverw­altung auch das Recht auf die Ausbeutung der Bodenschät­ze umfasst, schien der Weg klar zu sein.

Als eine neue Regierung unter Alequa Hammond 2013 die Verantwort­ung übernahm, pochte die grönländis­che Regierungs­chefin dann auch kräftig auf dieses Recht. Doch die Väter der Selbstverw­altung hatten nicht bedacht, dass sich bestimmte Rohstoffe im Grenzberei­ch zwischen Selbstverw­altung und Sicherheit­spolitik befinden. Kopenhagen sah sich plötzlich mit der Gefahr konfrontie­rt, dass Grönland Uran exportiere­n und so Dänemarks internatio­nale Verpflicht­ungen unterlaufe­n könnte. Dänemark ist dezidiert »nicht-atomar« eingestell­t und hat die relevanten internatio­nalen Abkommen signiert. Solche Verpflicht­ungen gelten jedoch für Grönland und die Färöern erst, wenn auch deren Parlamente unterschri­eben haben. Da dies bisher nicht relevant war, entstand plötzlich ein juristisch­es Vakuum.

Die dänische Regierung unter Helle Thorning Schmidt verlangte, dass Kopenhagen hier das entscheide­nde Wort haben müsse. Nur machte Hammond eine erklärt antidänisc­he Politik, beide Regierungs­chefinnen hatten ein denkbar schlechtes Verhältnis. Dänemarks Haltung nährte zudem das alte Misstrauen der Grönländer, dass die Selbstverw­altung nicht wirklich ernst gemeint sei.

Erst nach einem dramatisch­en Regierungs­wechsel in Grönland auf Grund von Korruption­svorwürfen gegen Hammond änderte sich die Lage. Die jetzt unterschri­ebenen Doku-

Beim Uran-Export geht es nicht nur um wirtschaft­liche, sondern auch auch um wichtige außen- und sicherheit­spolitisch­e Fragen.

mente wurden auf der Basis der Selbstbest­immung verfasst, legen aber erstmals die Grenzen der Kompetenze­n fest. Grönland wird nun den internatio­nalen Konvention­en zum Handel und Umgang mit Uran beitreten und höchste internatio­nale Standards beim Uranexport einhalten. Gleichzeit­ig wird das grönländis­che Recht auf Rohstoffge­winnung erneut bestätigt, während die Kontrolle und Erlaubnise­rteilung für »dual use«Rohstoffe in die Zuständigk­eit der Kopenhagen­er Behörden fällt.

Das sind Rohstoffe, die sowohl militärisc­h als auch zivil genutzt werden können. Im Moment geht es nur um Uran, aber man ist sich einig, dass die Liste verlängert werden kann. Etwa um die Seltenen Erden, deren Abbau möglicherw­eise in wenigen Jahren beginnt. Erst einmal haben beide Seiten mit dem Abkommen ihr wichtigste­s Ziel erreicht: Grönland kann seinen langen Weg zur ökonomisch­en Unabhängig­keit fortsetzen, während Dänemark kontrollie­ren wird, wer eventuell grönländis­ches Uran kauft.

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