»Neonazi, das schmerzt mich«
Wehrsportgruppen-Hoffmann zog Klage vor Berliner Verwaltungsgericht zurück
Wieder einmal stand Karl-Heinz Hoffmann vor Gericht – als Kläger. In Berlin wehrte sich der Neonazi gegen eine bereits beendete Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Lebt denn der alte Hoffmann noch? Der aus den 70ern? Ja, er lebt noch, der Schöpfer der verbotenen rechtsmilitanten, 400-Mann-starken Kleinarmee »Wehrsportgruppe Hoffmann« (WSGH). Inzwischen gereift, gesittet gekleidet, der einst so markante Kämpferbart hat sich dem Alter angepasst. Vor Gericht erscheint er als Einzelkämpfer, verzichtet auf den sonst üblichen Rechtsbeistand – ähnlich den »Reichsbürgern«, die Rechtsanwälte für den verlängerten Arm der bundesdeutschen Unrechtsjustiz halten. Auf seiner Homepage sendet er fast täglich Botschaften an und in die Welt. »Hoffmann ist nicht so leicht tot zu kriegen. Um mich aufs Kreuz zu legen, habt Ihr Euren gut gepolsterten Popo viel zu weit hinten« - eines seiner letzten Zitate.
Also der Hoffmann lebt, ist 78 Jahre alt, hält Vorträge, schießt verbal gegen Gott und die Welt, erklärt, wie AfD-Petrys Aufruf zur Waffengewalt gegen Flüchtlinge (Hoffmann: »Ihr Mundwerk ist das treffsichere Maschinengewehr der AfD«) gemeint ist und schreibt Texte, die er Satire nennt. Und er klagt für sein Leben gern.
Um einen seiner Vorträge rankt sich die Geschichte, die am Mittwoch verhandelt wurde. Hoffmann sprach 2011 in brauner Runde, offenbar dabei der einstige Rechtsterrorist und Ex-WSPH-Mitglied Odfried Hepp. V-Leute des Verfas- sungsschutzes saßen im Saal und schlossen aus dem Treffen: Hier könnte sich eine neue rechte Terrororganisation im Untergrund etablieren. Der Inlandgeheimdienst reagierte und beantragte Hoffmanns Überwachung. Zwischen 20. April 2012 und 20. Januar 2013 wurden in drei Etappen Briefe geöffnet, Telefonate abgehört, E-Mails kontrolliert. Als die Schützer des Grundgesetzes zu der Erkenntnis kamen, dass an der Geschichte nichts dran ist, beendeten sie die Telefonbespitzelung und teilten dies Hoffmann mit. Für ihn ein Grund, gegen diese Beobachtung zu klagen.
Er fühlt sich zu Unrecht in die Nazi-Ecke gestellt, er sei über Jahrzehnte völlig unpolitisch gewesen, erklärte er mit treuem Blick. Erst in jüngster Zeit mische er sich wieder ein. Auch das vom obersten Verwaltungsgericht bestätigte Verbot seiner Wehrsportgruppe 1980 durch den Bundesinnenminister sei unrechtmäßig gewesen, die Tonnen Waffen wären nur zum Spielen geeignet gewesen. Der blutige Anschlag auf das Münchner Oktoberfest 1980, ein Doppelmord an einem jüdischen Ehepaar, Banküberfälle und Brandanschläge gingen auf das Konto ehemaliger WSGH-Mitglieder. Hoffmann selbst konnte keine Beteiligung nachgewiesen werden. Doch immer, wenn der Name Hoffmann auftaucht, schrillen beim Verfassungsschutz die Alarmglocken. Die jahrelangen Verfolgungen hätten ihn schwer geschädigt und ihn zu einem Ärmsten der Armen gemacht, sagt er: »Ich bin ruiniert.« Ziel seiner juristischen Aktivitäten sei die völlige Rehabilitierung seiner Person.
Doch damit war das Berliner Verwaltungsgericht überfordert. Es hatte nur darüber zu entscheiden, ob nach einem Anfangsverdacht auf Gründung einer terroristischen Vereinigung eine Beobachtung gerechtfertigt war. Und dieser Verdacht lag vor. Nachdem Hoffmann immer wieder seine Unbeflecktheit in den letzten Jahrzehnten betonte, unterbrachen die Richter die Verhandlung zu einer Bedenkpause für die Vertreter des Innenministeriums. Nach Rücksprache mit ihren Dienstherren konstatierten sie , dass die Überwachung tatsächlich keine Anhaltspunkte für die Gründung einer terroristischen Vereinigung ergeben habe. Das schien auch Hoffmann zufrieden zu stellen. Er zog seine Klage zurück und das Gericht musste kein Urteil fällen.