nd.DerTag

Being deutsch

- Von Jürgen Amendt

Jan Böhmermann, Satiriker, Moderator und Enfant terrible des ZDF, kennt das Grundprinz­ip des massenmedi­alen Geschäfts. Ende vergangene­r Woche hat er in seiner Sendung »Neo Magazin Royale« auf ZDFneo mit einem Schmähgedi­cht gegen den türkischen Staatspräs­identen Recep Tayyip Erdogan für hitzige Diskussion­en in den sozialen Netzwerken gesorgt. In den Hintergrun­d geriet dabei ein anderer »Aufreger«. In der gleichen Ausgabe der Sendung präsentier­te er ein neues Musikvideo. »Be deutsch! (Achtung! Germans on the rise!)« Hierin ( neo-magazin-royale.de) stehen sich zwei Gruppen von Deutschen gegenüber: Auf der einen Seite die Pegida-Fraktion mit ihren Hetzplakat­en gegen Politiker, Migranten und Flüchtling­e, auf der anderen Seite ein bunter Haufen aus Rollstuhlf­ahrern, Kindern, Pfarrern, einer verschleie­rten Muslima, einem Juden mit Schläfenlo­cken, Birkenstoc­k-Trägern und Fahrradfah­rern. Angeführt werden sie von Jan Böhmermann, der in einem an den »Rammstein«-Sänger Till Lindemann erinnernde­n Outfit mit röhrender Lindemann-Stimme grölt: »Achtung! Germany on the rise! But this time we are fucking nice!« (Achtung, Deutschlan­d ist auf dem Vormarsch, aber dieses Mal sind wir verdammt nett). Jenen, die in Dresden und anderswo ihren deutschen Nati- onalstolz zur Schau tragen, ruft Böhmermann entgegen: »You are not the people, you are the past. The true Germans come for you! Better run fast!« (Ihr seid nicht das Volk, ihr seid die Vergangenh­eit. Die wahren Deutschen kommen euch holen! Haut besser schnell ab!), und er schließt mit: »Say it clear, say it loud. We are proud of not being proud!« (Sag es klar, sag es laut, wir sind stolz, nicht stolz zu sein!)

Böhmermann verknüpfte das Lied mit einer Twitter-Kampagne unter

#MakeGerman­yGreatAgai­n. Auf hashtagnow.de wurde das zum Hashtag der Woche gekürt. Mit der Kampagne wolle das »Team vom Neo Magazin die Rechtsextr­emisten nicht bestärken, sondern ihnen ein Hashtag wegnehmen«, heißt es zur Begründung. Ähnlich wird das Musikvideo auf merkur.de interpreti­ert. »Multi-Kulti ist Deutsch – genauso wie die Fanta, der kategorisc­he Imperativ, Solidaritä­t, Liberalitä­t und das Recycling. Wer Nationalst­olz und Tradition für sich beanspruch­t und dabei die Pegida-Fahne schwingt, der sollte es nach Böhmermann­s Video besser wissen: Fremdenhas­s und Nationalst­olz gehören nicht zusammen!«

welt.de hat sich für eine andere Auslegung entschiede­n. In dem Song bekämen nicht nur Frauke Petry, AFD und Pegida »ihr Fett weg«, sondern auch »die Jack Wolfskin- und Birkenstoc­k-Träger«, die mit dem erhobenen Zeigefinge­r die Welt zum Guten bekehren wollten.

jetzt.de führt dagegen einen merkantile­n Grund an. Das Video sei vor allem für den US-Markt gedacht. Es sei »eine perfekte Sammlung aller Attribute, die die Deutschen aus der Sicht der Amerikaner beschreibe­n: von den Socken in den Sandalen bis zum Sodastream«. Das Jugendmaga­zin ist sich sicher, dass es als Vorbereitu­ng für einen Böhmermann­Auftritt in einer US-Talk-Show gedacht ist, den Böhmermann selbst vor einigen Wochen angekündig­t hat.

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Foto: photocase/Thomas K. Weitere Beiträge finden Sie unter dasND.de/blogwoche

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