Griechenland wieder in der Klemme
Regierung sammelt Geldreserven / Verhandlungen mit Gläubigerinstitutionen über Sparpakete dauern an
Diese Woche wollen sich die internationalen Kreditgeber und Griechenland über weitere Reformen einigen. Wieder droht die Zeit für die Regierung von Alexis Tsipras knapp zu werden.
Fast schon schien eine Einigung über das Reformprogramm für Griechenland sicher, kurz vor dem für Donnerstag geplanten Sondertreffen der Eurogruppe ist jedoch noch kein Ergebnis in Sicht. Die SYRIZA-geführte Regierung versucht offenbar, sich für weitere Verzögerungen zu wappnen. So werden derzeit die letzten finanziellen Reserven bei der Zentralbank zusammengezogen.
Laut dpa wurden die staatlichen Krankenhäuser bereits in der vergangenen Woche aufgefordert, ihre nicht dringend benötigten Geldreserven an die Zentralbank zu überweisen. Am Montag sollten dies auch die staatliche Kran- kenkasse und die Arbeitsagentur tun, hieß es aus Kreisen des Finanzministeriums. Bereits vor knapp einem Jahr hatte die Regierung von Alexis Tsipras gesetzlich staatliche Betriebe und öffentliche Institutionen gezwungen, Geldreserven an die Zentralbank zu überweisen.
Über die finanzielle Lage Griechenlands wird seit Tagen spekuliert. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte zuletzt: »Die Liquidität ist offensichtlich knapp.« Damit bezog er sich auch auf Rückzahlungsverpflichtungen Athens – allein im Juli werden 2,7 Milliarden Euro fällig. Griechenland benötigt daher bald neue Kredite aus dem laufenden Programm mit EU, EZB und Europäischem Stabilitätsmechanismus (ESM).
Die Verhandlungen über die Bedingungen dafür und die Beteiligung des IWF gingen am Montag weiter – mit dem griechischen Finanzminister Efklidis Tsakalotos. Medienberichte über seinen bevorstehenden Rücktritt dementierte Athen. »Diese Gerüchte sind absolut haltlos«, sagte ein Mitarbeiter des Regierungschefs der dpa. Zuvor hieß es, Tsakalotos sei mit dem neuen harten Sparprogramm nicht einverstanden.
»Diese Gerüchte sind absolut haltlos.« Griechische Regierung zum etwaigen Rücktritt von Finanzminister Tsakalotos
Die Eurogruppe brachte kürzlich ein »Sparpaket auf Vorrat« auf den Tisch. Griechenland ist schon jetzt dazu bereit, 5,4 Milliarden Euro durch weitere Einschnitte bei Renten und Steuererhöhungen aufzubringen. Zusammen mit einem angepeilten Primärüberschuss (Haushaltsbilanz ohne Schulden) von 3,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes bis 2018 sollen so neun Milliarden Euro eingespart werden. Wird dieses Ziel nicht erreicht, soll Athen nach dem Willen der Gläubiger weiter kürzen. Ska Keller, Vizevorsitzende der Grünen im EU-Parlament, fordert dagegen, endlich Stabilität in die Krisenbewältigung zu bringen statt immer neue Forderungen an Griechenland zu richten. Die seien nicht Teil der Vereinbarung gewesen. »Auf mehr Austerität kann man sich offenbar immer einigen«, kritisiert Keller gegenüber »nd« auch die Uneinigkeit bei den Gläubigern.
Auch der linke Flügel von SYRIZA lehnt weitere Sparmaßnahmen ab. Laut dpa drohen bis zu 14 Abgeordnete bei der Parlamentsabstimmung ihre Stimme zu verweigern. Tsipras verfügt nur über eine knappe Mehrheit von 153 der insgesamt 300 Abgeordneten. Sollte die Vereinbarung mit den Gläubigern durchfallen, drohen Neuwahlen.