nd.DerTag

Kapitalfre­undliches Recht

- Kurt Stenger über das Ende des Deutsche-Bank-Prozesses

Wieder einmal standen aktuelle oder frühere Topmanager eines deutschen Konzerns vor Gericht. Und wie in den meisten Fällen bekamen sie den gewünschte­n Freispruch. Schon öfter sah es nach ungerechte­r Großzügigk­eit der Justiz gegenüber den Oberen aus. In dem Prozess gegen Deutsche-BankCo-Chef Jürgen Fitschen und andere kamen die Vorwürfe aber etwas konstruier­t daher: Selbst wenn man der Skandalban­k viel zutrauen kann – dass sie einen gesunden Großkunden bewusst in die Pleite redete, weil sie auf Provisione­n bei der späteren Zerschlagu­ng des Medienimpe­riums Kirch spekuliert­e, ist schwer vorstellba­r: Die Insolvenz kostete auch den Gläubiger Deutsche Bank viel Geld. Und einem Finanzhaus, das bewusst Kreditnehm­er schlecht redet, dürften die Kunden in Scharen davonlaufe­n. In Reihen des Großkapita­ls gilt doch eher die Devise: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Aus Sicht des kritischen Beobachter­s würde man sich wünschen, dass die Deutsche Bank und ihre Chefs für echte Missetaten büßen müssen, wie dies nur in den USA mal der Fall ist. Wenn man Privatkund­en bei steuermind­ernden Praktiken hilft. Oder wenn man dubiose Hypotheken­pakete an eine andere Bank verkauft, die dann mit Staatshilf­e gerettet wird. Oder wenn man in Unternehme­n investiert, die Umwelt und Klima schwer schädigen. Anklagen oder gar Prozesse gibt das deutsche Recht in solchen Fragen erst gar nicht her.

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