Obama schmeichelt Europa
US-Präsident fordert in Hannover den »alten Kontinent« zu Einigkeit auf
Bei seinem Besuch in Hannover forderte US-Präsident Obama mehr Engagement in der Flüchtlingsfrage. Er drängte auch auf eine Umsetzung des TTIP-Abkommens.
Barack Obamas Deutschlandbesuch war eine Charmeoffensive: Der USAmerikaner trat strahlend aus seinem Flugzeug, lobte die »Geschichte und Schönheit« Hannovers und schmeichelte bei seinem voraussichtlich letzten Besuch in Deutschland als Präsident Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrer Politik. Doch er kam nicht nach Niedersachsen, um den Gute-Laune-Präsidenten auf Abschiedstour zu geben. Nach seinem gemeinsamen Messerundgang mit Merkel hält der USAmerikaner eine Rede, in der er dem »alten Kontinent« ins Gewissen redet. »Die Welt braucht ein starkes und vereintes Europa«, erklärte er. Die Europäer müssten sich auf ihre Werte besinnen und sie gemeinsam verteidigen, anstatt sich von zunehmendem Populismus und Streit untereinander spalten zu lassen, fordert Obama, der zuvor in London schon vor einem Austritt Großbritanniens aus dem Euroraum gewarnt hatte.
»Die Ideale Europas erleuchten die Welt«, ist sich der US-Präsident sicher. Das sei auch der Grund, warum sich tausende Flüchtlinge auf den gefährlichen Weg nach Europa machten. »Unsere Länder sind stärker, sicherer und erfolgreicher, wenn wir Menschen aus allen Kulturen und Religionen integrieren und wir eine Einheit werden«, fügt er hinzu. »Und das gilt auch für unsere muslimischen Mitbürger.« Ausdrücklich warnte er davor, Menschen gegeneinander aufzubringen: »Dieses falsche Denken« könne zu »Unterdrückung führen, zu Apartheid, zu Internierungslagern, zum Holocaust und zu Srebrenica.« Deshalb sollten sich alle Länder um die Integration von Flüchtlingen bemühen.
Obama war am Sonntagmittag aus London kommend in Hannover gelandet und von Merkel empfangen worden. Nach der Messeeröffnung kamen die beiden zu einem Abendessen mit Spitzenmanagern zusammen. Dabei ging es unter anderem um die Rolle der Wirtschaft in der Flüchtlingsfrage und um das Freihandelsabkommen TTIP.
Rund um den Besuch gab es Proteste gegen das Abkommen. Bei der größten Veranstaltung am Samstag waren etwa 90 000 Menschen auf der Straße. Sie befürchten eine Senkung von Standards und kritisieren mangelnde Transparenz bei den Verhandlungen. Obama und Merkel dagegen warben für TTIP. Er setze darauf, dass bis zum Ende seiner Amtszeit zumindest die Inhalte soweit vereinbart seien, dass die Parlamente sich damit befassen könnten, so Obama.