nd.DerTag

Darf Satire wirklich alles?

- Zum Fall Böhmermann Hans Brandt, Banzkow

Wiederholt wurde im Fall Böhmermann auf Kurt Tucholsky verwiesen, der gesagt habe, dass Satire alles dürfe. Aber Tucholsky selbst hat sich solcher Beleidigun­gen enthalten und hat das kapitalist­ische System anhand seiner sozialen Gebrechen und friedensfe­indlichen Eigenschaf­ten kritisiert und für eine Änderung der gesellscha­ftlichen Verhältnis­se gestritten. Meines Wissens hat er niemals Persönlich­keiten jedweder Art durch Böhmermann­schen Teer gezerrt.

Und zwischen Tucholsky und Böhmermann liegen einige Jahrzehnte, die jedem Satiriker nahelegen, seine Satireobje­kte sorgfältig­er auszuwähle­n. In Dänemark schmähte ein bekannter Karikaturi­st Mohamed und zog damit den Zorn der Muslime der ganzen Welt auf sich. Sie wollten ihn für »sein Verbrechen« töten. Das wollen sie übrigens noch heute, und deshalb lebt er eingeengt weiter unter Polizeisch­utz. Die französisc­he Satirezeit­ung verging sich am gleichen Objekt. Mehrere Mitarbeite­r der Zeitschrif­t bezahlten das mit ihrem Leben.

Satire kann also lebensbedr­ohlich sein, wenn sie grob beleidigen­d ist und Gefühle von vielen verletzt. – Darf also ein Satiriker alles? Das darf er durchaus, wenn er es kann.

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