Plätze in Wohnheimen reichen nicht
Für Studierende bleiben oft nur sehr teure Alternativen
Ein Platz im Wohnheim ist für viele Studierende verlockend. Wer in eine neue Stadt kommt, lernt hier schnell neue Menschen kennen. Hinzu kommt, dass Wohnheime preisgünstig sind. Die Monatsmiete in den Wohnanlagen der Studentenwerke lag Ende vergangenen Jahres einschließlich aller Nebenkosten bei rund 238 Euro. Doch nur wenige Menschen können diese Vorzüge in der Bundesrepublik genießen. Im Wintersemester 2015/2016 waren hierzulande 2 755 408 deutsche und ausländische Studierende an den Hochschulen eingeschrieben. Zum Stichtag 1. Januar 2016 standen ihnen insgesamt 239 934 öffentlich geförderte Wohnheimplätze zur Verfügung. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Anfrage der stellvertretenden Linksfraktionsvorsitzenden Caren Lay hervor, die dem »nd« exklusiv vorliegt. Demnach konnte nur etwa jeder zwölfte Studierende theoretisch einen Wohnheimplatz bekommen.
In den vergangenen fünf Jahren ist nach Angaben des Deutschen Studentenwerks die Anzahl der öffentlich geförderten Wohnheimplätze um rund 14 300 gestiegen. Die Studentenwerke bewirtschaften etwa 80 Prozent der geförderten Wohnheimplätze. Weil sich aber auch immer mehr Menschen für ein Studium entscheiden, hat sich die Situation insgesamt verschlechtert. Die Unterbringungsquote ist nach Berechnungen des Studentenwerks seit 2011 von 11,24 Prozent auf aktuell 9,69 Prozent gefallen. Dabei bezieht das Studentenwerk unter anderem Studierende an der Fernuniversität Hagen und an den Bundeswehrhochschulen nicht in ihre Statistik mit ein. Besonders gering sind die Unterbringungsquoten in flächenmäßig kleineren Bundesländern wie den Stadtstaaten Berlin (5,34 Prozent), Hamburg (7,73 Prozent) und Bremen (6,27 Prozent). Die höchsten Quoten weisen die ostdeutschen Länder Thüringen (14,98 Prozent) und Brandenburg (14,54 Prozent) auf.
Lay forderte angesichts der angespannten Situation ein BundLänder-Programm, um innerhalb der nächsten vier Jahre 45 000 neue Wohnheimplätze in Trägerschaft der Studentenwerke fertigzustellen. »Schon seit einigen Jahren ist es fast normal, dass Studierende zu Semesterbeginn couchsurfen, in teuren Hostels oder sogar in Turnhallen übernachten müssen. Ohne einen Neustart für studentisches Wohnen wird das auch so bleiben«, kritisierte die LINKE-Politikerin gegenüber »nd«.
Nicht nur wegen fehlender Wohnheimplätze, sondern auch wegen steigender Mieten haben Studierende in vielen Städten immer größere Probleme, eine bezahlbare Unterkunft zu finden. Für ein WG-Zimmer müssen nach einer aktuellen Studie des MosesMendelssohn-Instituts im Auftrag des Immobilienentwicklers GBI durchschnittlich 349 Euro hingeblättert werden. Allerdings bestehen regionale Unterschiede. Besonders teuer sind beliebte Großstädte wie München, Frankfurt am Main, Hamburg und Berlin. Hier sind die meisten privaten Unterkünfte in einer guten Lage unbezahlbar, wenn Studierende nicht nebenbei arbeiten oder von ihren Eltern unterstützt werden. In München, wo mehr als 115 000 Menschen an den Hochschulen eingeschrieben sind, kostet ein WG-Zimmer monatlich im Durchschnitt 560 Euro. Unter diesem Gesichtspunkt haben es etwa die Studierenden an den deutlich kleineren Hochschulen in Fulda und Kassel besser. Sie zahlen für ein WG-Zimmer durchschnittlich weniger als 262 Euro.