Trump: Kein Krieg gegen die Kohle
Kritik und Klagen zum Umwelt-Dekret des US-Präsidenten / Steuerreform mit Fehlrechnung
Das am Dienstag (Ortszeit) unterzeichnete Dekret von US-Präsident Donald Trump über neue Klimaschutzvorschriften stößt auf starken Widerstand. Ein neuer Schlag Donald Trumps gegen das politische Erbe seines Vorgängers: Mit einem Dekret hat der USPräsident vorerst die Umweltvorschriften von Barack Obama ausgehebelt. Deren Kernstück ist der »Clean Power Plan«. Mit diesem »Plan für saubere Energie« sollte der CO2-Ausstoß von Kraftwerken bis 2030 um fast ein Drittel gegenüber 2005 gesenkt werden. Seine Regierung werde nun den »Krieg gegen die Kohle« beenden und »arbeitsplatzvernichtende Vorschriften aufheben«, erklärte Trump.
So müssen Bundesbehörden künftig nicht mehr die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen. Die Umweltbehörde EPA soll die Begrenzung von Kohlenstoffbelastung durch Kraftwerke überdenken, die Verpachtung von öffentlichem Land für Kohleförderung wird wieder möglich, Begrenzungen der Methan-Emissionen in der Öl- und Gasindustrie sollen geändert werden. Trump spricht von einem historischen Schritt – doch die Umsetzung seines neuesten Erlasses könnte möglicherweise Jahre dauern.
Denn auch er stößt auf heftigen Widerstand. Nicht nur vor dem Trump Tower in New York protestierten umgehend Umweltaktivisten. Selbst der Mineralölkonzern ExxonMobil fordert die Regierung zum Festhalten am Pariser Klimaschutzabkommen auf. Ein Bündnis von USBundesstaaten, darunter Kalifornien und Massachusetts, sowie größerer Städte wie Chicago und Philadelphia kündigte an, das Dekret vor Gericht anzufechten. Der Präsident ignoriere sowohl das Gesetz als auch die sehr reale Bedrohung durch den Klimawandel, so New Yorks Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman. Auch Umweltgruppen drohen mit Klagen.
Damit stünde ein weiterer zentraler Punkt seines Wahlkampfes in Frage. Trump hatte versprochen, Arbeitsplätze in der Kohleindustrie zurückzubringen. Mit dem Dekret wolle er sich bei all den Menschen in den Kohlegebieten bedanken, die ihm ins Weiße Haus verholfen hätten, hieß es.
Doch nach den Desastern mit seinem Einreiseverbot und einer eigenen Gesundheitsreform zur Liquidierung von »Obamacare« droht die nächste Schlappe. Wie Mitch McConnell, der republikanische Mehrheitsführer im Senat, erklärte, werde auf absehbare Zeit kein neuer Versuch unternommen, das Gesundheitssystem der Obama-Ära im Kongress zu kippen. Das aber hätte auch Auswirkungen auf das vierte große Versprechen des Präsidentschaftskandidaten Trump: eine radikale Steuerreform. Der Vorsitzende des Steuerausschusses im Repräsentantenhaus, Kevin Brady, hat bereits erste Schritte im Frühling angekündigt. Die Reform solle dann noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Finanzminister Steven Mnuchin spricht allerdings von frühestens August, und das sei ein »ambitionierter Zeitplan«.
Denn das Steuersystem ist kompliziert, voller Schlupflöcher und Sonderförderprogramme. Mächtige Interessengruppen kämpfen um ihre Pfründen, auch innerhalb der Republikanischen Partei. Wird der Steuersatz für Unternehmen von 35 Prozent auf 20 Prozent verringert oder gar 15, wie Trump will? Werden Exportumsätze tatsächlich von der Besteuerung ausgenommen, zugleich aber 20 Prozent auf Einfuhren erhoben? »Für viele Arbeiter wird der Steuersatz bei null liegen«, hat Trump zudem im Wahlkampf versprochen. Doch wie soll all das bezahlt werden? Der Schuldenberg der USA hat schon jetzt Rekordhöhen erreicht. Und Trumps Pläne würden den Fiskus in der nächsten Dekade rund zehn Billionen Dollar Einnahmen kosten, wie der Washingtoner Thinktank Tax Foundation errechnet hat.
Ein Teil dieser Gelder sollte durch die Abschaffung von »Obamacare« gewonnen werden; von wenigstens einer Billion Dollar an eingesparten staatlichen Zuschüssen war die Rede. Doch auch das entpuppt sich nun als Fehlrechnung. Der US-amerikanische Philosoph Noam Chomsky jedenfalls ist jetzt schon sicher, dass Trumps Kernwählerschaft durch dessen Politik völlig im Stich gelassen wird. Auch die weiße Arbeiterschaft und die ländliche Bevölkerung würden früher oder später merken, dass die Versprechen des US-Präsidenten auf Sand gebaut seien.