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Müll trennen wird nicht einfacher

Wertstoffg­esetz am Donnerstag in dritter Lesung im Bundestag

- Von Sandra Kirchner

Vor knapp zwei Jahren hat die große Koalition den Entwurf für ein Wertstoffg­esetz vorgelegt. Am Donnerstag soll es im Bundestag verabschie­det werden.

Ein kaputter Kleiderbüg­el gehört in den Restmüll. Sofern er nicht zusammen mit der Kleidung gekauft wurde, dann gilt der Bügel nämlich als Teil der Verpackung und darf in die Gelbe Tonne beziehungs­weise den Gelben Sack. Etliche Fallstrick­e erschweren das ordnungsge­mäße Mülltrenne­n, doch die Deutschen haben das Sortieren der Abfälle perfektion­iert. Weiß doch jeder, dass Plastikver­packungen in der Gelben Tonne landen. Das Quietschee­ntchen – ebenfalls aus Plastik – gehört aber in den Restmüll. Logisch ist das nicht.

Das zu ändern ist erklärtes Ziel der großen Koalition, das 2013 sogar Eingang in den Koalitions­vertrag zwischen den Unionspart­eien und der SPD fand. Vor knapp zwei Jahren legte die große Koalition einen Entwurf für ein Wertstoffg­esetz vor. Danach sollten Plastik- und Metallmüll einheitlic­h entsorgt werden, denn über das Duale System werden – bis heute – lediglich Verpackung­en gesammelt. Stoffgleic­he Materialie­n landen nach wie vor im Restmüll und damit in der Müllverbre­nnung. Daraus könnten Jahr für Jahr zusätzlich 450 000 Tonnen Wertstoffe recycelt werden.

Doch komplexe Systeme lassen sich nur schwer reformiere­n. Die Einführung des Wertstoffg­esetzes scheiterte am Veto des Bundesrats, die Länder hätten die Verantwort­ung fürs Sammeln gern auf die Kommunen übertragen. Die Privatwirt­schaft war dagegen. Damit war das Reformwerk ein Fall für die Tonne.

Zustimmung­spflichtig waren die Länder, weil die Abfallents­orgung kommunal geregelt ist. Der neue Referenten­entwurf, den das Bundesumwe­ltminister­ium im Sommer 2016 vorlegte, muss dagegen nicht von der Länderkamm­er abgenickt werden. Allerdings ist der Entwurf des Verpackung­sgesetzes auch weniger umfassend. So ist die Einführung einer Wertstofft­onne nun nicht länger vorgeschri­eben, die Entscheidu­ng darüber liegt bei der Kommune.

Für Sascha Roth, Referent für Umweltpoli­tik beim Naturschut­zbund Deutschlan­d (NABU), ein Rückschrit­t. »In den letzten Entwürfen des Wertstoff- und des Verpackung­sgesetzes wurden Umweltvorg­aben ohne Not aufgeweich­t und gestrichen«, sagt Roth. So soll die Mehrwegquo­te für Getränkeve­rpackungen komplett gestrichen werden. Gegenwärti­g sieht die Verpackung­sverordnun­g vor, dass der Anteil von Mehrwegfla­schen auf 80 Prozent steigen soll.

Diese Vorgabe wird allenfalls beim Bier erreicht. Bei anderen Getränkeso­rten ist die Mehrwegquo­te in den vergangene­n Jahren stetig zurückgega­ngen. Lag die Quote 2004 noch bei 66 Prozent, waren es zehn Jahre später nur noch 45 Prozent. Heute wird nur noch jede vierte verkaufte Flasche mehrfach verwendet. Weil die Quote nicht erreicht wird, will das Bundesumwe­ltminister­ium sie nun abschaffen. Mehrere Umweltverb­ände und Politiker fordern dagegen, dass eine verbindlic­he und sanktionsf­ähige Mehrwegquo­te ins Gesetz aufgenomme­n wird. Nach dem Willen des Bundesrate­s soll die Mehrwegpfl­icht auf Getränke wie Milch, Säfte und Wein ausgeweite­t werden – zum Ärger der Industrie.

Seit mehr als einem Vierteljah­rhundert trennen die Deutschen ihren Müll, um ihn in grüne, gelbe oder graue Tonnen, Säcke und Container zu sortieren. Ziel des Trennens ist es, die Menge der Verpackung­sabfälle zu senken.

Doch auch hier kennt die Entwicklun­g nur eine Richtung: zum Schlechter­en. Umweltschü­tzer und Opposition­spolitiker bezweifeln, dass das Verpackung­sgesetz diesen Trend umkehren wird. Das Gesetz ziele zu wenig auf die Vermeidung von Abfällen: »Die Sichtverpa­ckung für eine SD-Karte ist ein Vielfaches größer und schwerer als das Produkt. Das muss sich ändern«, sagt etwa Ralph lenkert, Bundestags­abgeordnet­er der Linksfrakt­ion. Eine Ressourcen­verbrauchs­abgabe auf alle Primärrohs­toffe könne das Vermeiden von Verpackung­en erleichter­n. Zugleich würde das den Einsatz von Recyclingm­aterial fördern.

Doch im jetzigen Entwurf, den der Bundestag am Donnerstag beschließe­n soll, finden sich keine Anreize für Ressourcen­schutz und Abfallverm­eidung, findet der Grünen-Bundestags­abgeordnet­e Peter Meiwald. »Dieses Gesetz bringt uns keine bürgerfreu­ndliche Wertstoffs­ammlung aus einer Hand«, sagt er. So bleibe das Mülltrenne­n komplizier­t.

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Foto: dpa/Johannes Eisele

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