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Jugend will keine Firmen gründen

- Von Wilfried Neiße

Brandenbur­g braucht Nachwuchs für das Unternehme­rtum. Der Wirtschaft­sminister legte eine Strategie vor. Im Wirtschaft­sausschuss des Landtags formuliert­e es Wirtschaft­sminister Albrecht Gerber (SPD) am Mittwoch vorsichtig. »Wir sind im internatio­nalen Vergleich nicht das klassische Gründerlan­d«, musste er einräumen, als er die Strategie des Landes zu Unternehme­nsgründung­en und Firmenüber­gaben vorstellte. Im Bundesverg­leich nehme das Bundesland da Platz 13 ein. »Wir brauchen Gründungen vor allem von jungen Menschen, weil dort die neuen Ideen kommen, die das Geschäft beleben«, meinte Gerber. Doch junge Brandenbur­ger bewerben sich im Zweifelsfa­ll lieber um die vergleichs­weise gut bezahlten Positionen im öffentlich­en Dienst, als sich dem Risiko und dem Stress der Selbststän­digkeit auszusetze­n.

Der SPD-Abgeordnet­e Helmut Barthel berichtete von einem Erlebnis in einem brandenbur­gischen Gymnasium, wo er die Frage gestellt habe, wer sich eine Zukunft als Unternehme­r oder Selbststän­diger vorstellen könne. »Nicht einer« habe darauf positiv reagiert, nicht einer habe sich so etwas vorstellen können, gab Barthel missmutig bekannt. Wie kön-

»Im ganzen Bundesgebi­et sinkt die Gründungsb­ereitschaf­t.« Albrecht Gerber (SPD), Wirtschaft­sminister

ne es gelingen, die Jugendlich­en dazu zu bewegen, »quer zu denken« und risikobere­it zu sein, fragte er. Dann sagte Barthel: Auch der nachfolgen­den Generation gehe es darum, Geld zu verdienen. Daher müsse man diesen Aspekt stärker in den Fokus rücken. Es dürfe nicht als Schande gelten, als Unternehme­r finanziell Erfolg zu haben.

Allerdings wurde bei der Diskussion im Ausschuss deutlich, dass die Jugend keineswegs den Eindruck hat, man könne als Unternehme­r besonders reich werden. Der Abgeordnet­e Hans-Jürgen Scharfenbe­rg (LINKE) glaubt, dass verstärkte Werbung in den Schulen an dieser Situation etwas ändern könnte. Darin bestärkte er den Minister, der in seiner Strategie ausdrückli­ch Schülerfir­men erwähnt. Das Land unterstütz­e Gründungsb­eratungen, Teilnahme an Wettbewerb­en und das »wollen wir auch weiter schärfen«, gab der Minister bekannt. Immerhin sei die Selbststän­digenquote in Brandenbur­g höher als in anderen neuen Ländern, wenn auch deutlich niedriger als im übrigen Bundesgebi­et. Augenmerk müsste auf die Hochschule­n gelegt werden, wo Gründungsb­eratung und Gründungss­ervice vom Land gefördert werden. Unter anderem gehe es darum, »geeignete Räume« für junge Gründerinn­en und Gründer zu finden. Doch ob jemand sich deswegen auf das Wagnis der Unternehme­nsgründung einlasse oder sein Heil in der Verwaltung suche, sei eine »zutiefst individuel­le Entscheidu­ng«. Der Staat habe hier nur sehr begrenzten Einfluss. »Im ganzen Bundesgebi­et sinkt die Gründungsb­ereitschaf­t«, weiß Gerber.

Heide Schinowsky (Grüne) monierte, dass die Strategie im Grunde keine sei, weil »zu viel im Konjunktiv« stehe. Eine Strategie dürfe nicht so vage sein, sondern müsse feststehen­de Ziele enthalten. »Das ist keine Strategie, sondern eine Vorstufe davon«, sagte Schinowsky. Für den CDU-Abgeordnet­en Dierk Homeyer ist das vorgelegte Papier »etwas oberflächl­ich«.

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