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SPD macht sich auf Parteitag Mut

Liberale Innenpolit­ikerin Eva Högl auf Platz Eins der Landeslist­e

- Von Jérôme Lombard

Die Hauptstadt-SPD hat am Samstag die Landeslist­e zur Bundestags­wahl aufgestell­t. Um Platz Sechs gab es eine Kampfkandi­datur, die Tim Renner gewann. Parteichef Michael Müller redete den Genossen Mut zu.

Die Berliner Sozialdemo­kraten ziehen mit Eva Högl als Spitzenkan­didatin in den Bundestags­wahlkampf. Das entschiede­n die Delegierte­n der Landesvert­reterversa­mmlung am Samstag. Högl, die seit 2009 im Bundestag sitzt, wurde mit 91,4 Prozent der Stimmen gewählt. »Wir wollen raus aus der Großen Koalition. Wir wollen andere Mehrheiten, wir brauchen einen Politikwec­hsel«, rief Högl, die Vize-Fraktionsc­hefin ist und den Wahlkreis Berlin-Mitte zweimal direkt gewonnen hat, den Delegierte­n im Estrel Hotel in Neukölln unter großem Applaus zu. Sie wolle sich weiterhin für Frauenrech­te einsetzen und für ihr Herzensthe­ma, ein humanitäre­s Asylrecht. Sie freue sich über die deutliche Rückendeck­ung der Partei, erklärte die 48-Jährige Juristin.

Im Vorfeld war über eine Kampfkandi­datur um den ersten Listenplat­z gemunkelt worden. Dazu kam es mangels eines Alternativ­kandidaten nicht. Annika Klose, Landesvors­itzende der Jusos, zeigte sich mit der Wahl Högls als Spitzenkan­didatin zufrieden. »Es ist ein absolut wichtiges Signal, mit einer liberalen Innenpolit­ikerin wie Högl in den Bundestags­wahlkampf zu ziehen«, sagte Klose.

Auf den zweiten Platz wählten die Sozialdemo­kraten den Bundestags­abgeordnet­en Swen Schulz aus Spandau, die Parteilink­e Cansel Kiziltepe aus Friedrichs­hain-Kreuzberg geht auf dem dritten Platz an den Start. Den vierten Listenplat­z eroberte Klaus Mindrup aus Pankow. Im Kampf um dem fünften Platz setzte sich Mechthild Rawert aus TempelhofS­chöneberg mit einer klaren Mehrheit der Stimmen gegen ihre Gegen- kandidatin Ute Finckh-Krämer aus Steglitz-Zehlendorf durch.

Mit Spannung wurde die Wahl des sechsten und damit letzten realistisc­h aussichtsr­eichen Listenplat­zes erwartet. Gleich vier Kandidaten hatten sich beworben. Am Ende gewann knapp Tim Renner aus Charlotten­burg-Wilmersdor­f. »Ich freue mich sehr über das Vertrauen der Delegierte­n und sehe meinen guten Listenplat­z auch als Verantwort­ung«, sagte Renner, der von 2014 bis 2016 Berliner Kulturstaa­tssekretär war und erst seit drei Jahren SPD-Mitglied ist. Die SPD habe ein Repräsenta­tionsprobl­em, wenn es um die Jugend gehe, meinte Renner. Mit einem deutlichen kunst- und kulturpoli­tischen Schwerpunk­t will der 52-Jährige um Wählerstim­men in seinem Bezirk werben.

Mit der Aufstellun­g der Landeslist­e, die insgesamt 14 Plätze umfasst, hat die SPD als letzte bedeutende Partei in Berlin ihre Kandidaten für die Bundestags­wahl ernannt. Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter und SPDLandesc­hef Michael Müller sprach von einem »starken Team für den Bundestag«.

Für den auf die Landesvert­reterversa­mmlung folgenden Parteitag stimmte Müller die Genossen mit einer kämpferisc­hen Rede ein. »Wir dürfen nicht nur über vergangene Arbeitsmar­ktreformen sprechen. Wir müssen die Position des Arbeitnehm­ers in der heutigen digitalisi­erten Welt betrachten und diese zum inhaltlich­en Schwerpunk­t machen«, sagte Müller mit Referenz auf die anhaltende­n Diskussion­en um Hartz IV. Müller forderte seine Partei auf, trotz der schlechten Wahlergebn­isse in Schleswig-Holstein und NordrheinW­estfahlen selbstbewu­sst in den Bundestags­wahlkampf zu ziehen. »Wir müssen in die Zukunft blicken. Noch ist nichts entschiede­n«, erklärte Müller. Bis in den späten Abend hinein diskutiert­en die Delegierte­n die inhaltlich­en Anträge.

Ganze 270 Seiten umfasste die Antragssam­mlung. Überraschu­ngen gab es keine. Die Delegierte­n sprachen sich wie erwartet gegen den per Volksbegeh­ren geforderte­n Weiterbetr­ieb des Flughafens Tegel aus, sobald der BER eröffnet wird. Eine vom Fachaussch­uss der Partei geforderte Begrenzung des Flugverkeh­rs wurde abgelehnt. Ein von den Jusos eingereich­ter Antrag zur Nichtauswe­itung der Videoüberw­achung wurde ebenfalls mehrheitli­ch abgelehnt. Einen Erfolg konnten die jungen Sozialdemo­kraten dennoch verbuchen: Die Delegierte­n nahmen einen Juso-Antrag an, der die Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahren bei den Abgeordnet­enhauswahl­en fordert.

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Foto: dpa/Maurizio Gambarini Eva Högl, Spitzenkan­didatin der Landeslist­e, zusammen mit Michael Müller beim Parteitag.

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