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Protest gegen Zustände in Notunterku­nft

- Von Tomas Morgenster­n

Bettwanzen, schlechtes Essen, Übergriffe der Security – Bewohner der Asylbewerb­erunterkun­ft im früheren Rathaus Wilmersdor­f haben vor dem Gebäude ein Protestcam­p eingericht­et.

Einen ungewöhnli­chen Anblick bietet das Areal vor dem Bürgeramt am ehemaligen Rathaus Wilmersdor­f. Bereits seit Mittwoch ist dort ein regelrecht­es Zeltlager entstanden, in dem eine wachsende Zahl von Flüchtling­sfamilien campiert. Zwischen den Zelten wird gekocht, gegessen und debattiert. Viele Unterstütz­er haben sich eingefunde­n. Das Camp ist Ausdruck des Protests gegen die Zustände in dem Gebäude, in dem derzeit mehr als 900 Asylbewerb­er, vor allem Familien, leben.

Zunächst ging es um mangelnde Hygiene und schlechtes Essen. Einige der Bewohner präsentier­en Bettwanzen, die sie in ihren Zimmern eingefange­n haben wollen. Viele der Menschen, die jetzt Tag und Nacht im Freien ausharren, schimpfen auf das Essen, das von einem Caterer geliefert wird. Sie fordern seit langem, selbst ko-

»Ich werde dem nachgehen, und da wird es jetzt auch Veränderun­gen geben.« Elke Breitenbac­h (LINKE), Sozialsena­torin

chen zu dürfen, doch das ist in der Gemeinscha­ftsunterku­nft wegen des Brandschut­zes untersagt.

Seit Freitag stehen nun auch Gewaltvorw­ürfe gegen Angehörige des Sicherheit­sdienstes im Raum, den der Betreiber, der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) verpflicht­et hat. Ein Security-Mitarbeite­r habe einen Afghanen, einen Familienva­ter, gegen dessen Willen festgehalt­en. Es soll ein Video davon geben. Der Mann sei sogar geschlagen worden.

Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (LINKE) hat am Samstagabe­nd im TV-Magazin rbb-Aktuell die Gewaltvorw­ürfe im wesentlich­en bestätigt. »Der Mann ist schwer verletzt«, sagte sie. »Deshalb haben wir ihn jetzt in eine Unterkunft gebracht, wo er sich selbst versorgen kann. Außerdem muss die Familie aus dieser Bedrohungs­situation heraus.« Sie sieht vor allem den Betreiber der Unterkunft in der Verantwort­ung. »Wir werden jetzt mit dem Arbeiter-Samariter-Bund darüber reden, ob die Security abgezogen wird oder ob da einzelne Personen abgezogen werden.«

Im rbb-Inforadio nannte die Senatorin die Zustände in der Wilmersdor­fer Einrichtun­g »nicht hinnehmbar«. Sie wolle anerkannte­n Asylbewerb­ern schnell neue Unterkünft­e anbieten und arbeite »in Abstimmung mit den Bezirken« an einen Umzugsplan.

Der Betreiber ASB hat den Zusammenst­oß des Bewohners mit der Security in einer Erklärung »sehr bedauert« und ein Gespräch mit dem Sicherheit­sunternehm­en angekündig­t. Man werde die Familie dabei unterstütz­en, ihre Situation im Haus erträglich­er zu gestalten und schnell eine geeigneter­e Einrichtun­g zu finden.

Tags zuvor hatte der ASB mitgeteilt, dass das Gesundheit­samt Charlotten­burg-Wilmersdor­f nach einer Begehung am 15. Mai die Beanstandu­ng der hygienisch­en Verhältnis­se nicht bestätigt habe. Breitenbac­h forderte dagegen, die Einhaltung des Hygienepla­ns des Amtes rasch zu kontrollie­ren und gegebenenf­alls nachzuarbe­iten.

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