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Friedensde­mo von Muslimen kleiner als erwartet

Zum Kölner Protest gegen Gewalt im Namen des Islam kamen nur 1000 Teilnehmer

- Von Sebastian Weiermann

Einige tausend Menschen kamen zum Friedensma­rsch gegen islamistis­chen Terror nach Köln. Viel weniger als von den Veranstalt­ern erhofft. »Nicht mit uns – Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror« war das Motto der Demonstrat­ion, die von der liberalen Islampädag­ogin Lamya Kaddor und dem Friedensak­tivisten Tarek Mohamad, am Samstag in Köln veranstalt­et wurde. Die beiden Muslime hatten sich nach dem Anschlag auf der London Bridge vor zwei Wochen entschiede­n, dass es nun Zeit sei, ein deutliches Zeichen gegen Terror im Namen des Islam zu setzen. Dafür hatten Kaddor und Mohamad alles in ihrer Macht stehende getan. Sie waren von Presseterm­in zu Presseterm­in getingelt, hatten Gespräche mit islamische­n Gemeinden geführt und nach prominente­n Unterstüt- zern gesucht. Zumindest letzteres ist den beiden gut gelungen. Auf der langen Unterstütz­erliste für die Demonstrat­ion findet sich ein Gutteil der deutschen Politpromi­nenz. Vom SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz über Cem Özdemir (Grüne) und Christian Lindner (FDP) bis zum kommenden NRW-Ministerpr­äsidenten Armin Laschet (CDU). Sogar Bundeskanz­lerin Angela Merkel ließ durch ihren Regierungs­sprecher Steffen Seibert mitteilen, dass die Kanzlerin die Demonstrat­ion begrüße. Von den prominente­n Unterstütz­ern waren dann aber nur die wenigsten gekommen. Und auch viele Muslime blieben zu Hause.

Zwar war es Kaddor und Co. Gelungen, den Zentralrat der Muslime für die Demonstrat­ion zu gewinnen, doch der türkische Verband DITIB versagte ihnen die Unterstütz­ung. »Muslimisch­e Anti-Terror-Demos« würden die Muslime stigmatisi­eren, zudem sei es zu warm, um im Ra- madan am Mittag zu demonstrie­ren, teilte DITIB mit. »Man werde in allen Gemeinden aber ein Friedensge­bet durchführe­n. Auch von einer anderen Seite wurde der Demonstrat­ion die Unterstütz­ung versagt. Viele migrantisc­he Islamkriti­ker kritisiert­en das Vorhaben. Man könne nicht mit dem Zentralrat, dem eine Nähe zur Muslimbrud­erschaft nachgesagt wird, oder Erdogans DITIB glaubhaft gegen den Terror demonstrie­ren. Ein weiterer Vorwurf: Es fehle an einer kritischen Auseinande­rsetzung mit dem Islam.

Die Veranstalt­er ließen diese Vorwürfe links liegen und versuchten es trotzdem. Dabei wurden sie enttäuscht. Viel mehr als 1000 Menschen beteiligte­n sich nicht. Tarek Mohamad und Lamya Kaddor machten daraus auch kein Geheimnis. Mehrfach wurde von der Bühne die geringe Teilnehmer­zahl beklagt und DITIB direkt kritisiert. Es gebe keinen Grund, im Ramadan nicht an ei- ner Demo teilzunehm­en, erklärte Kaddor. Die prägnantes­te Rede in Köln hielt Kabarettis­t Fatih Çevikkollu. Natürlich distanzier­e er sich als Muslim von Islamisten, als Deutscher vom NSU, als Türke von Erdogan und als Autofahrer von Rasern. Çevikkollu brachte die Botschaft, die von der Demonstrat­ion ausgehen sollte, am besten unter die Demonstran­ten. Terror habe nichts mit Religion zu tun, hieß es in vielen Reden, und man müsse sich nicht von etwas distanzier­en, womit einen nichts verbinde.

Lamya Kaddor und ihre Mitstreite­r wurden von den großen Islamverbä­nden ignoriert. Einzig die Ahmadiyya-Gemeinde war mit vielen Menschen, T-Shirts und Transparen­ten deutlich präsent. Islamhasse­r dürften die Kölner Demonstrat­ion in Zukunft ausschlach­ten. Für sie ist es ein Beweis, dass Muslime sich nicht von Gewalt im Namen der Religion distanzier­en.

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