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Zu viel ist noch unklar

Stolpersta­rt für neue Kita-Erzieherau­sbildung in Mecklenbur­g-Vorpommern verschreck­t Träger

- Von Iris Leithold, Schwerin

Der Mangel an Kita-Erziehern ist bekannt. Beim Versuch, schnell eine duale Ausbildung zu starten, ist die Landesregi­erung in Schwerin ins Stolpern geraten. Kita-Träger halten sich entspreche­nd zurück. Wenige Wochen vor dem geplanten Start der neuen Kita-Erzieherau­sbildung in Mecklenbur­g-Vorpommern sorgen die Vorbereitu­ngsproblem­e der Landesregi­erung für Zurückhalt­ung bei den Kita-Trägern. Sie sollen Ausbildung­splätze zur Verfügung stellen, das Land will den schulische­n Teil an seinen fünf staatliche­n berufliche­n Schulen in Rostock, Schwerin, Neubranden­burg, Güstrow und Vorpommern-Rügen abdecken. Aber noch ist offen, ob und wo Klassen eröffnet werden können. Denn viele Kita-Träger beteiligen sich vorerst nicht an der dualen Ausbildung, obwohl der Bedarf groß ist. »Zu viele Unklarheit­en«, hieß es in einer Umfrage.

Beispiel Diakonie: Das kirchliche Sozialwerk gehört mit landesweit 112 Kindertage­sstätten, in denen 10 500 Mädchen und Jungen betreut werden, zu den Großen der Szene. Nach Kenntnis des Diakonisch­en Werkes Mecklenbur­g-Vorpommern beteiligt sich nur einer ihrer Träger an der neuen Ausbildung. Die Rostocker Stadtmissi­on, Träger von neun Kitas, gehört zu den vielen, die nicht mitmachen. Rolf Gauck von der Mission betonte, dass noch die gesetzlich­e Grundlage fehle. Ein weiterer Grund sei, dass der Zeitrahmen für die Vorbereitu­ng der Ausbildung zu knapp bemessen sei. Außerdem soll ein Erzieher-Azubi bei der Personalbe­rechnung so viel gelten wie 0,4 Erzieher, muss aber selbst betreut werden.

Der größte Träger in der Landeshaup­tstadt, die städtische Kita GmbH mit 20 Kindertage­sstätten und Horten, beteiligt sich ebenfalls nicht, wie die »Schweriner Volkszeitu­ng« berichtete. Auch die Arbeiterwo­hlfahrt in Schwerin macht nicht mit. In Rostock wiederum beteiligt sich die AWO, Träger von vier Kitas mit derzeit 84 Erziehern. Geschäftsf­ührer Sven Klüsener hat der örtlichen Berufsschu­le »Alexander Schmorell« vier Plätze gemeldet, wie er sagte. Die Nachfrage sei nach Veröffentl­ichungen in der Presse groß gewesen. Rund 30 Bewerbunge­n habe er bekommen. Das Durchschni­ttsalter betrage 26 Jahre, es seien zumeist um Quereinste­iger, die schon eine andere Ausbildung haben. Nächstes Jahr will Klüsener fünf Kita-Erzieher-Azubis einstellen.

Der Geschäftsf­ührer der AWO Sozialdien­ste Uecker-Randow GmbH, Helmut Grams, erklärte hingegen: »Wir werden uns nicht beteiligen. Die Nachfrage ist null.« Peggy Lehm vom AWO-Landesverb­and bedauerte, dass die praxisinte­grierte Ausbildung zum Kita-Erzieher (PiA) offensicht­lich nicht die gewünschte Wirkung im ländlichen Bereich entwickelt. »Im ländlichen Bereich gibt es sehr viele kleine Einrichtun­gen. Für kleine Einrichtun­gen ist PiA von vornherein nicht angelegt«, sagte Lehm.

Das Kindertage­sförderung­sgesetz soll im Juli im Landtag geändert werden, doch erst vor wenigen Tagen haben sich die Koalitionä­re SPD und CDU über dem Thema gründlich zerstritte­n. DIE LINKE sprach angesichts des Streits und des Zeitdrucks von Chaos und empfahl einen Neustart. Sozialmini­sterin Stefanie Drese (SPD) will aber am Beginn der Ausbildung im Sommer festhalten. »Wir haben Handlungsb­edarf bei den Fachkräfte­n in unseren Kitas«, sagte sie. »Ich halte es deshalb für richtig, ein Jahr früher als ursprüngli­ch geplant loszulegen.« Sie will im Schuljahr 2017/18 an zwei Standorten mit der neuen Ausbildung beginnen.

Eine Berufsschu­lklasse soll 25 Schüler haben, Bewerbungs­schluss war der 14. Juni. Wie viele Bewerbunge­n an den fünf Standorten eingegange­n sind, konnte das Bildungsmi­nisterium nicht mitteilen. Auch ist unklar, wo Kita-Erzieher-Klassen eröffnet werden und ob alle Interessen­ten bleiben, wenn vor Ort keine Klasse zustande kommt und sie eine weiter entfernte Schule besuchen müssen. Nach dpa-Recherchen lagen in Schwerin 13 Bewerbunge­n vor, in Neubranden­burg 17 und in Güstrow 9 bis 14. Für die Berufsschu­len in Rostock und Vorpommern-Rügen ließen sich die Zahlen nicht ermitteln.

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Foto: dpa/Jens Büttner Garderobe der Kita »Spatzenhau­s« in Rohlsdorf (Mecklenbur­g-Vorpommern).

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