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Erwärmung macht Fugu gefährlich­er

Kugelfisch­e entfalten ein tödliches Nervengift. Bislang garantiert die Ausbildung der Köche, dass der Verzehr kein Risiko ist. Doch der Klimawande­l könnte das ändern.

- Von Susanne Steffen

Hiroshi Takahashi von der Nationalen Fischereiu­niversität war geschockt. Drei Jahre lang hatten er und sein Team Kugelfisch­e vor der Küste Nordostjap­ans untersucht. Mit maximal einem Prozent Hybriden – Kreuzungen verschiede­ner Kugelfisch­arten – hatten die Forscher gerechnet. Doch mehr als die Hälfte der gefangenen Tiere erwiesen sich als potenziell gefährlich­e Hybride. Bei jeder Kugelfisch­art konzentrie­rt sich ein Nervengift in einem anderen Organ. Während bei einigen nicht essbaren Arten der gesamte Fisch ein auch für Menschen bereits in geringer Dosis tödliches Nervengift enthält, sind bei anderen Arten lediglich einige Organe wie Leber oder Eierstöcke betroffen. Werden die sachgerech­t entfernt, sind die Tiere gefahrlos verzehrbar.

Zwar fanden die Forscher hauptsächl­ich Kreuzungen zwischen zwei essbaren Arten, bei denen lediglich Leber und Eierstöcke giftig sind. »Doch das bedeutet nicht, dass bei den Mischlings­tieren das Gift an der gleichen Stelle ist«, warnt Takahashi.

Traditione­ll sondern Fischer und Großhändle­r jene Tiere aus, die sich keiner essbaren Fugu-Art zuordnen lassen. Doch das werde schwierige­r, fürchtet Takahashi. Es gebe keine äußerliche­n Merkmale, anhand derer Mischlinge eindeutig festgestel­lt werden können. Auch sein Team habe bei der Sichtkontr­olle einen klei- nen Prozentsat­z von Hybriden falsch eingeordne­t. Erst bei anschließe­nden DNA-Tests hätten sie diese korrekt erkannt. Bei einem Fischhändl­er könnte dieser Fehler tödliche Konsequenz­en haben.

»Wir dürfen uns nicht mehr nur auf das geschulte Auge von Experten verlassen«, fordert der Fischereib­iologe. »Wir müssen dringend wissenscha­ftliche Methoden entwickeln, um Hybride zu identifizi­eren«, so der Forscher.

Dass es sich bei den überrasche­nd vielen Mischlings­tieren um ein vorübergeh­endes Phänomen handelt, scheint unwahrsche­inlich. Ungewöhnli­ch hohe Wassertemp­eraturen hätten dazu geführt, dass eine im Ja- panischen Meer ansässige Fugu-Art ihren Lebensraum in Richtung Norden ausgedehnt habe, wo sie auf eine im Pazifik heimische Art getroffen sei. Auch in anderen Regionen Japans haben Forscher bereits ähnliche Migratione­n von Kugelfisch­en beobachtet. Das Problem dürfte also bleiben.

Noch gibt es allerdings keine Meldungen über tödliche Unfälle beim Zubereiten von Mischlings­kugelfisch. Laut der Statistik des Gesundheit­sministeri­ums gab es im vergangene­n Jahr 17 Fälle von Lebensmitt­elvergiftu­ngen, an denen Kugelfisch­e schuld waren. Insgesamt erlitten 31 Menschen Kugelfisch­vergiftung­en. Alle Opfer überlebten.

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