nd.DerTag

Sicherlich nicht konsequent

Alexander Isele über den Umgang der EU mit Myanmar und Aung San Suu Kyi

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Die größte Stärke kann zur größten Schwäche werden. Im Fall der beratungsr­esistenten Aung San Suu Kyi ist es ihre Sturköpfig­keit, mit der sie in bewunderns­werter Weise nach 15 Jahren Hausarrest die Militärreg­ierung in Myanmar niederrung. Unerträgli­ch ist dieselbe Beharrlich­keit, mit der sie sich bisher weigerte, die ethnische Vertreibun­g der Rohingya auch nur wahrzunehm­en. Noch vor einem Jahr hatte sie auf der UN-Vollversam­mlung die Lösung des Konflikts versproche­n. Dieses Jahr hat sie ihre Teilnahme an der Generaldeb­atte aus innenpolit­ischen Gründen abgesagt. Am Dienstag will sie sich in einer Fernsehans­prache für »nationale Versöhnung und Frieden« ausspreche­n. Zeigt der Druck also doch Wirkung?

Unerträgli­ch ist auch das Gebaren der EU, wo nicht wenige die Aberkennun­g von Suu Kyis Friedensno­belpreis fordern. Dabei wird der myanmarisc­he Armeechef Min Aung Hlaing in Europa umgarnt. Im November 2016 war er zu einem Treffen des EU-Militäraus­schusses in Brüssel eingeladen. Im April dieses Jahres flog er auf Einladung der Bundeswehr nach Deutschlan­d. Die EU will Waffen verkaufen. So wird aus der vermeintli­chen Stärke der EU – ihrer moralische­n Integrität – ihre größte Schwäche. Seit 2012 forcieren das Militär und Min Aung Hlaing den Genozid gegen die Rohingya. Wie war das mit dem Friedensno­belpreis für die EU?

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