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Abschiebun­g in den Krieg

»Rückgeführ­te« Afghanen am Mittwoch in Kabul gelandet

- Von Sebastian Weiermann

Acht aus Deutschlan­d abgeschobe­ne Flüchtling­e sind am Mittwoch in Afghanista­n eingetroff­en. Die abgelehnte­n Asylbewerb­er landeten am Morgen mit einem Charterflu­g in Kabul. Sie waren am Dienstag vom Flughafen in Düsseldorf gestartet. Sie alle sollen Straftäter gewesen sein, die Hälfte der Abgeschobe­nen in Nordrhein-Westfalen gelebt haben.

Um 18:45 Uhr am Dienstagab­end hob der Charterflu­g der Fluglinie »Smart Wings« von Düsseldorf ab. Die 200 Demonstran­ten, die vorher zwei Stunden lautstark durch die Haupthalle des Flughafens demonstrie­rt hatten, schwiegen um 18:45 Uhr eine Minute symbolisch. »Rückführun­gen« nach Afghanista­n sind Abschiebun­gen in den Tod, so der Tenor der Protestier­enden. »Haben Afghanen kein Recht auf Leben?« fragte einer der zahlreiche­n Geflüchtet­en, die sich an der Demonstrat­ion beteiligte­n.

Im Vorfeld der Abschiebun­g warnte Günter Burkhardt, Geschäftsf­ührer von Pro Asyl: »Die Situation in Afghanista­n eskaliert und ist unkalkulie­rbar. Sie kann sich nach Trumps Ankündigun­g, den Militärein­satz auszuweite­n, noch weiter verschärfe­n.« Burkhardt hält die Abschiebun­g an den Hindukusch für wahltaktis­ch motiviert – Birgit Naujoks vom Flüchtling­srat NRW auch. Damit solle nach Stimmen am rechten Rand gefischt werden. Naujoks hält derzeit »jede Abschiebun­g nach Afghanista­n für unverantwo­rtlich«.

Über die abgeschobe­nen Menschen gibt es nur wenige Informatio­nen. Nach Angaben des Flüchtling­srates Bayern sollte ein Mann weggebrach­t werden, der wegen Diebstahls und Konsums von Marihuana zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Der Mann wurde von den Behörden allerdings nicht angetroffe­n. Der 40jährige Risa Risjai erklärte in Kabul, er habe zwei Jahre und acht Monate in Haft verbracht. Seine Frau habe ihn kurz nach ihrer Ankunft in München wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Zwei weitere Abgeschobe­ne sollen wegen Vergewalti­gung verurteilt worden sein. Einem Mann wird schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfe­n.

Die Abschiebun­g wirft auch ein Schlaglich­t auf die »liberale« Ausländerp­olitik der FDP. Erst am Montag hatte Parteichef Christian Lindner gemeinsam mit dem NRW-Integratio­nsminister Joachim Stamp ein Papier zur Migrations­politik vorgestell­t. Darin heißt es, wer Straftaten begangen habe, müsse »umgehend das Land verlassen, sofern ihm im Herkunftss­taat nicht unmittelba­r Tod oder Folter drohen«. Für die »konsequent­e Rückführun­g« wollen die Liberalen mehr Mittel bereitstel­len. Außerdem hält die Partei umfassende Kontrollen der nationalen Grenzen für nötig.

Zentrales Thema in dem FDPPapier mit dem Titel »Neue Ordnung für Humanität und Arbeitsmar­kt – eine liberale Asyl-, Flüchtling­s- und Einwanderu­ngsstrateg­ie« ist aber die ökonomisch­e Verwendbar­keit. Zu dem Zweck soll ein Einwanderu­ngsgesetz mit einem Punktesyst­em eingeführt werden. Vorrangig sind dabei die berufliche Qualifikat­ionen und die Bedarfe des Arbeitsmar­ktes. Asylsuchen­de und Kriegsflüc­htlinge sollen nach den Plänen der FDP die Möglichkei­t haben, sich nach den Kriterien des Einwanderu­ngsgesetze­s zu bewerben.

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