Abschiebung in den Krieg
»Rückgeführte« Afghanen am Mittwoch in Kabul gelandet
Acht aus Deutschland abgeschobene Flüchtlinge sind am Mittwoch in Afghanistan eingetroffen. Die abgelehnten Asylbewerber landeten am Morgen mit einem Charterflug in Kabul. Sie waren am Dienstag vom Flughafen in Düsseldorf gestartet. Sie alle sollen Straftäter gewesen sein, die Hälfte der Abgeschobenen in Nordrhein-Westfalen gelebt haben.
Um 18:45 Uhr am Dienstagabend hob der Charterflug der Fluglinie »Smart Wings« von Düsseldorf ab. Die 200 Demonstranten, die vorher zwei Stunden lautstark durch die Haupthalle des Flughafens demonstriert hatten, schwiegen um 18:45 Uhr eine Minute symbolisch. »Rückführungen« nach Afghanistan sind Abschiebungen in den Tod, so der Tenor der Protestierenden. »Haben Afghanen kein Recht auf Leben?« fragte einer der zahlreichen Geflüchteten, die sich an der Demonstration beteiligten.
Im Vorfeld der Abschiebung warnte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl: »Die Situation in Afghanistan eskaliert und ist unkalkulierbar. Sie kann sich nach Trumps Ankündigung, den Militäreinsatz auszuweiten, noch weiter verschärfen.« Burkhardt hält die Abschiebung an den Hindukusch für wahltaktisch motiviert – Birgit Naujoks vom Flüchtlingsrat NRW auch. Damit solle nach Stimmen am rechten Rand gefischt werden. Naujoks hält derzeit »jede Abschiebung nach Afghanistan für unverantwortlich«.
Über die abgeschobenen Menschen gibt es nur wenige Informationen. Nach Angaben des Flüchtlingsrates Bayern sollte ein Mann weggebracht werden, der wegen Diebstahls und Konsums von Marihuana zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Der Mann wurde von den Behörden allerdings nicht angetroffen. Der 40jährige Risa Risjai erklärte in Kabul, er habe zwei Jahre und acht Monate in Haft verbracht. Seine Frau habe ihn kurz nach ihrer Ankunft in München wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Zwei weitere Abgeschobene sollen wegen Vergewaltigung verurteilt worden sein. Einem Mann wird schwerer sexueller Missbrauch von Kindern vorgeworfen.
Die Abschiebung wirft auch ein Schlaglicht auf die »liberale« Ausländerpolitik der FDP. Erst am Montag hatte Parteichef Christian Lindner gemeinsam mit dem NRW-Integrationsminister Joachim Stamp ein Papier zur Migrationspolitik vorgestellt. Darin heißt es, wer Straftaten begangen habe, müsse »umgehend das Land verlassen, sofern ihm im Herkunftsstaat nicht unmittelbar Tod oder Folter drohen«. Für die »konsequente Rückführung« wollen die Liberalen mehr Mittel bereitstellen. Außerdem hält die Partei umfassende Kontrollen der nationalen Grenzen für nötig.
Zentrales Thema in dem FDPPapier mit dem Titel »Neue Ordnung für Humanität und Arbeitsmarkt – eine liberale Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungsstrategie« ist aber die ökonomische Verwendbarkeit. Zu dem Zweck soll ein Einwanderungsgesetz mit einem Punktesystem eingeführt werden. Vorrangig sind dabei die berufliche Qualifikationen und die Bedarfe des Arbeitsmarktes. Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge sollen nach den Plänen der FDP die Möglichkeit haben, sich nach den Kriterien des Einwanderungsgesetzes zu bewerben.