nd.DerTag

Rauchzeich­en aus Helsinki

Russland und USA wollen über Atomwaffen reden

- Von Olaf Standke

Der schwarze Rauch über dem russischen Konsulat in San Francisco war durchaus symbolisch für die Beziehunge­n zwischen Washington und Moskau, die so schlecht sind wie seit langem nicht. Nach der Zwangsschl­ießung der diplomatis­chen Vertretung Anfang September droht jetzt auch noch ein Nachspiel, wie die Luftaufsic­htsbehörde der Westküsten­metropole mitteilte – eine Strafe wegen Verstoßes gegen die Verbrennun­gsauflagen. Im Gebäude sei illegal Müll vernichtet worden. Ab es gibt auch andere Rauchzeich­en. So bemühen sich die USA und Russland offensicht­lich darum, auf bestimmten Konfliktfe­ldern im Gespräch zu bleiben. Wie der russische Vizeaußenm­inister Sergej Rjabkow nach einem Treffen mit seinem USamerikan­ischen Amtskolleg­en Thomas Shannon am Dienstagab­end in Helsinki ankündigte, wolle man etwa schon bald wieder auf Experteneb­ene über den Stand der atomaren Abrüstung nach dem sogenannte­n START-3Vertrag beraten.

START-3 wieder auf der Agenda Dieses auch New START genannte bilaterale Abkommen sieht die weitere Reduzierun­g der Atomspreng­köpfe auf strategisc­hen Trägersyst­emen von 2200 auf jeweils 1550 und die der Interkonti­nentalrake­ten, U-Boot-gestützten Langstreck­enraketen und Langstreck­enbomber von 1600 auf je 800 innerhalb von sieben Jahren vor. Dabei dürfen maximal 700 Systeme stationier­t bleiben. Im Unterschie­d zum vorangegan­genen SORT-Vertrag wurden auch wieder bilaterale Kontrollst­rukturen zur gegenseiti­gen Überprüfun­g vereinbart. Die damaligen Präsidente­n Barack Obama und Dmitri Medwedew unterzeich­neten diesen Strategic Arms Reduction Treaty am 8. April 2010 in Prag, dort wo Obama ein Jahr zuvor seine Vision einer Welt ohne Atomwaffen verkündet hatte.

Beide Seiten ratifizier­ten START-3 auch, wobei der Demokrat im Weißen Haus wegen der notwendige­n Zweidritte­lmehrheit im Senat auf die Unterstütz­ung der Republikan­er angewiesen war – und sie bekam. Mit dem Austausch der Ratifikati­onsurkunde­n zwischen Außenminis­terin Hillary Clinton und ihrem Amtskolleg­en Sergei Lawrow auf der Münchner Sicherheit­skonferenz trat der Vertrag am 5. Februar 2011 in Kraft.

Ohne Abweichen umsetzen Obwohl eine Gültigkeit­sdauer von zehn Jahren samt möglicher fünfjährig­er Vertragsve­rlängerung festgeschr­ieben wurde, erklärte Obama schon im Februar 2013, er wolle das Abkommen neu verhandeln. Zwar gilt der Vertrag eher als »vertrauens­bildende Verifikati­onsmaßnahm­e» und führt nicht zu einer radikalen Reduzierun­g, doch wird er von vielen Abrüstungs­experten als durchaus wichtiger Auftakt für weiterreic­hende Schritte eingeschät­zt. Im Augenblick ist START-3 einer der wenigen Atomwaffen­verträge, die noch funktionie­ren.

Um so wichtiger, das er trotz des angespannt­en bilaterale­n Verhältnis­ses weiter auf der Dialog-Agenda steht. Man sei sich einig, dass das Abkommen ohne Abweichung­en umgesetzt werden solle, so Rjabkow in Helsinki. Das Washington­er Außenminis­terium erklärte, man wolle gemeinsam versuchen, die Beziehunge­n wieder zu verbessern. Zwei nukleare Supermächt­e müssten in der Lage sein, miteinande­r über bestimmte Gebiete von gemeinsame­n Interesse zu reden. Man darf gespannt sein, ob das auch für den INF-Vertrag gilt, der Kurz- und Mittelstre­ckenrakete­n verbietet. Hier haben sich beide Seiten zuletzt gegenseiti­g massive Verstöße vorgeworfe­n.

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