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Vorsichtig mit der Motorsäge ans Sturmholz

Die Beseitigun­g der Orkanschäd­en ist für die Forstarbei­ter gefährlich, verrät Waldbauern­chef Enno Rosenthal

- Von Andreas Fritsche

Das Finanzmini­sterium erinnert die Waldbesitz­er an Steuerermä­ßigungen bei Sturmschäd­en. Finanziell interessan­t wird dies aber erst ab 100 Hektar, erklärt der Waldbauern­verband. Eine Woche, nachdem das Sturmtief »Xavier« in Brandenbur­g wütete, dauern die Aufräumarb­eiten im Land weiter an. 1,5 bis zwei Millionen Bäume sind beschädigt worden. Um den Forst aufzuräume­n, bleibt den Waldbesitz­ern nichts anders übrig als außerplanm­äßiger Holzeinsch­lag. Dafür können sie Steuererle­ichterunge­n in Anspruch nehmen, erinnerte das Potsdamer Finanzmini­sterium am Donnerstag.

Normalerwe­ise würde vielleicht nicht so viel Holz in kurzer Zeit geerntet. Die Gewinne aus dem Verkauf, die sonst auf mehrere Jahre verteilt gewesen wären, müssten nun für ein Jahr versteuert werden. Doch Paragraf 34b Absatz 3 des Einkommens­steuergese­tzes sehe für die sogenannte Kalamitäts­nutzung einen ermäßigten Steuersatz vor, erläuterte Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE). Zwingende Voraussetz­ung sei allerdings, dass die Schäden noch vor Beginn ihrer Beseitigun­g dem Finanzamt gemeldet werden.

Diese Steuerermä­ßigung sei jedoch erst ab 100 Hektar interessan­t, erklärte auf Nachfrage Enno Rosenthal, Vorsitzend­er des brandenbur­gischen Waldbauern­verbandes und Chef der Forstbetri­ebsgemeins­chaft Neuruppin. Allein 90 000 Waldbesitz­er im Bundesland verfügten aber lediglich über drei Hektar. Diese Stückelung sei ein Ergebnis der Boden- reform nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetisch­en Besatzungs­zone.

Ein Viertel der Bestände sei von Sturmschäd­en betroffen, bestätigte Rosenthal nach seinem persönlich­en Eindruck die Schätzunge­n, von denen zu hören ist. Deshalb werde die Forstbetri­ebsgemeins­chaft Neuruppin bis Ende des Jahres mit dem Aufräumen gut zu tun haben. Ein plötzliche­s Überangebo­t bei den Sägewerken, das den Holzpreis drücken und den Gewinn schmälern würde, erwartet Rosenthal bei den jetzigen Dimensione­n nicht. Denn Eichen und Buchen werde man sowieso gut los und bei Nadelholz werde das Geschäft nicht schlechter laufen als sonst.

Ungeschore­n kommen die Waldbauern aber trotzdem nicht davon. Denn es ergeben sich höhere Kosten beim Holzeinsch­lag. Denn anders als in Polen oder Bayern und in Brandenbur­g zuletzt 1972, seien durch den Orkan keine kompletten Bestände umgelegt, sondern bloß einzelne Bäume und Gruppen von Bäumen. Die müssen nun in Handarbeit mit der Motorsäge zerkleiner­t und mit Rücketechn­ik herausgeho­lt werden – und zwar vorsichtig, denn es besteht bei Bruchholz eine besondere Gefahr von Arbeitsunf­ällen. Dadurch dauert alles länger. »Damit wird es teurer«, sagt Enno Rosenthal.

Gefährlich kann es im Wald gegenwärti­g für Wanderer und Pilzsucher sein. Sie werden vor dem Betreten gewarnt, da sich angeknacks­te Äste lösen und herabfalle­n könnten.

Auf ihren 2500 Hektar Wald schlägt die Forstbetri­ebsgemeins­chaft normalerwe­ise pro Jahr 8000 Festmeter Holz ein. Nun fallen 2000 Festmeter Sturmholz an. Stattdesse­n kann zunächst einmal das Fällen anderer Bäume verzichtet werden.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Bahnmitarb­eiter räumten bei Bötzow umgestürzt­e Bäume von den Gleisen.

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