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»Ein anderes Polen wird es nicht geben«

In Potsdam wird der Abstand zu Nationalis­ten hervorgeho­ben – in Warschau marschiere­n sie

- Von Wilfried Neiße

Der weiße Adler als Wappentier Polens, er hängt auch im brandenbur­gischen Landtag, obwohl er hier eigentlich die rote Farbe haben müsste.

Zum polnischen Unabhängig­keitstag waren am 11. November in Warschau rund 60 000 Nationalis­ten aus Polen, Deutschlan­d und anderen Staaten aufmarschi­ert. Um dieses Datum herum gab es den 26. Kongress der Deutsch-Polnischen Gesellscha­ft, bei dem Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) in Potsdam seinen Abstand zu Nationalis­ten in beiden Staaten betonte. Denen dürfe man »nicht die Sicht auf die Geschichte überlassen – auf beiden Seiten nicht«, unterstric­h er bei einer Veranstalt­ung im Potsdamer Landtagssc­hloss.

Nach 1990 seien aus Nachbarn Freunde geworden, diese Entwicklun­g habe man vor über 25 Jahren bei Abschluss des deutsch-polnischen Grundlagen­vertrages nicht ohne weiteres für möglich gehalten, sagte Woidke. Doch könne man aktuell nicht mit allen Ereignisse­n zufrieden sein. Der Ministerpr­äsident, der auch Polen-Koordinato­r der Bundesregi­erung ist, forderte beide Seiten auf, nicht übereinand­er zu reden, sondern miteinande­r – und Kritik auszuhalte­n.

Bei der Veranstalt­ung im Plenarsaal des Landtags sagte der polnische Botschafte­r Andrzej Przylebski, mit der neuen Regierung in Polen würden sich viele Deutsche schwer tun. »Ich hoffe, dass sich das ändert.« Denn es sei die Regierung, auf die eine Mehrheit der Polen seit 1990 gewartet habe. Und sie habe Erfolge aufzuweise­n. Der Botschafte­r warb dafür, in politische­n Differenze­n nicht unbedingt etwas Schlechtes zu sehen, sondern einen »Reichtum Europas«, der nicht ausgeblend­et, sondern entwickelt werden sollte. »Lernen Sie, mit dem heutigen Polen zu leben, ein anderes wird es nicht geben«, erklärte Przylebski. Bei der Be- grüßung wiesen sowohl Ministerpr­äsident Woidke als auch Landtagsvi­zepräsiden­t Dieter Dombrowski (CDU) auf ihre polnischen Wurzeln hin. Sein Vater sei Pole gewesen, verriet Dombrowski. Und seine Tochter sei so stolz darauf, zu einem Viertel Polin zu sein, dass sie bei Sportveran­staltungen immer ein deutsches und ein polnisches Fähnchen schwenke.

Woidke mochte den Prozentsat­z polnischen Bluts in seinen Adern nicht vorrechnen, doch trage er »keinen preußische­n Namen«. Er wies auf die im Landtag verwendete­n Grundfarbe­n Rot und Weiß hin, die sowohl für Polen als auch für Brandenbur­g die Nationalfa­rben seien.

Heiterkeit erregte Woidke mit dem Hinweis, dass nicht immer der brandenbur­gische rote Adler im Plenarsaal hing, sondern dass es zunächst ein weißer Adler gewesen sei, also »ähnlich dem in der polnischen Nationalfl­agge«. Woidke ersparte dann dem Kongress die Darlegung der Umstände, unter denen der weiße Adler seinen Platz im Plenarsaal räumen musste und in die Landtagslo­bby gelangte. Er fühlt sich durch den weißen Adler jedoch daran erinnert, »wie wichtig die Beziehunge­n zu Polen für unser Land sind«.

Aufmerksam gemacht wurde auf unzulängli­che Verkehrsve­rbindungen. Die Landtagsab­geordnete Klara Geywitz (SPD) mutmaßte, dass der zweigleisi­ge Ausbau der Eisenbahnv­erbindung Berlin-Stettin deshalb stockt, weil das Bundesverk­ehrsminist­erium in CSU-Hand sei und dort vielleicht keine sicheren Kenntnisse darüber herrschen würden, wo Stettin (Szczecin) überhaupt liege.

Der CDU-Politiker Johannes von Thadden sagte, dass man von Berlin fast überall hin fliegen könne, nur zeitweise nicht mit dem Flugzeug direkt nach Warschau gelangen konnte. Inzwischen übernehme die polnische Luftfahrtg­esellschaf­t LOT diese Strecke von der insolvente­n Fluggesell­schaft Air Berlin. LOT fliege aber »halb so häufig und doppelt so teuer«.

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Foto: dpa/Alik Keplicz Beim Unabhängig­keitstag in Warschau

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