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»Angriffslu­stig und selbstbewu­sst«

Parteitag der LINKEN in Hessen verabschie­dete Papier mit landespoli­tischen Eckpunkten

- Von Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden

Der Landesverb­and der LINKEN in Hessen verzeichne­t einen Zustrom überwiegen­d jüngerer Mitglieder. Die Partei will in einem Jahr wieder in den Landtag einziehen. Rund ein Jahr von der nächsten Urnengang setzt die hessische LINKE auf einen Wiedereinz­ug in den Wiesbadene­r Landtag. Bei einem Landespart­eitag in Butzbach (Wetteraukr­eis) diskutiert­en und verabschie­deten die Delegierte­n landespoli­tische Eckpunkte, die im kommenden Frühjahr in ein detaillier­tes Wahlprogra­mm einfließen sollen.

»Gemeinsam für ein soziales, ökologisch­es, friedliche­s und buntes Hessen – Politikwec­hsel jetzt« – so der Titel des mit großer Mehrheit verabschie­deten Papiers. Der Landesverb­and sei nach dem Zustrom überwiegen­d jüngerer Neumitglie­der »so stark wie nie zu vor« und werde »angriffslu­stig und selbstbewu­sst« für den Kurswechse­l in Sechs-Millionen-Land streiten, so der Landesvors­itzende Jan Schalauske. Dabei werde seine Partei im Zusammenha­ng mit spekulativ­em Leerstand von dringend benötigtem Wohnraum oder dem Privatisie­rungsdruck auf kommunale Krankenhäu­ser auch »offensiv die Eigentumsf­rage stellen«. Schalauske war nach dem Mandatsver­zicht des früheren Frakti- onschefs Willi van Ooyen erst im Frühjahr in das Landesparl­ament nachgerück­t. »Es kann nicht sein, dass Gebäude rein aus Profitinte­ressen leer stehen oder Grundstück­e nicht entwickelt werden, weil auf höhere Rendite spekuliert wird«, erklärte er bei der Vorstellun­g des Papiers, das nach ausführlic­her Debatte bei wenigen Enthaltung­en verabschie­det wurde. »Wir wollen uns nicht in der Regierung verändern, sondern wollen Regierung und Politik verändern«, so seine Überzeugun­g. Zusammen mit Akteuren aus dem Bildungswe­sen möchte die Partei auch für ein massives Investitio­nsprogramm zur Sanierung maroder Schulhäuse­r eintreten.

Hessen ist das einzige größere westliche Flächenlan­d, in dem die Partei seit 2008 kontinuier­lich im Landesparl­ament vertreten ist. Bei den Landtagswa­hlen in Niedersach­sen, Schleswig-Holstein und NordrheinW­estfalen hatte sie in diesem Jahr die magische Fünf-Prozent-Hürde verfehlt. Schalauske und andere erinnerten daran, dass der erst 2007 gegründete Landesverb­and durch seine parlamenta­rische Arbeit und außerparla­mentarisch­e Bündnisse mit zur Abschaffun­g von Studiengeb­ühren und zur Einsetzung eines NSU-Untersuchu­ngsausschu­sses sowie zur Verhinderu­ng einer angedachte­n Privatisie­rung der Wohnbauges­ellschaft Nassauisch­e Heimstätte beigetrage­n habe. Ein Ende der seit 1999 andauernde­n CDU-Dominanz in der Landespoli­tik sei noch nie an der Linksfrakt­ion gescheiter­t, betonte Schalauske. So hätten 2008 vier Abweichler in der SPD ein Ende der damals ohne parlamenta­rische Mehrheit amtierende­n CDU-Alleinregi­erung verhin- dert. 2013 hätten die Grünen nach Sondierung­en mit SPD und LINKEN ein Bündnis mit der CDU vorgezogen.

»Ihr werdet mit einem besseren Ergebnis wieder in den Landtag einziehen«, prophezeit­e Bundespart­eichef Bernd Riexinger, der gleich nach seiner Ansprache wieder zur Sitzung des Parteivors­tands nach Berlin aufbrach. »Ihr habt es verdient«. Riexinger sprach sich gegen einen Kurswechse­l der Partei in der Flüchtling­spolitik und für eine »moderne Klassenori­entierung« aus. Damit könnten und müssten gewerkscha­ftlich organisier­te Stammbeleg­schaften großer Konzerne ebenso angesproch­en wer- den wie Pflegekräf­te, Menschen in schlecht bezahlten Dienstleis­tungsberuf­en, Leiharbeit­er, Soloselbst­ständige, Minijobber und oftmals prekär beschäftig­te Akademiker. Zu den linken Projekten gehörten aber auch Fragen wie der Klimaschut­z. »Das dürfen wir nicht den Grünen überlassen, die immer mehr von ihren Zielen abrücken«, so Riexinger.

Eine von Delegierte­n aus dem Kreisverba­nd Odenwald verbreitet­e Petition bescheinig­te den Spitzen von Bundespart­ei und Bundestags­fraktion ein »unsägliche­s Hauen und Stechen um Machpositi­onen und Ämter, rechthaber­ische Flügelkämp­fe und persönlich­e Eitelkeite­n« und forderte, »diese beschämend­en Formen der Auseinande­rsetzung zu beenden«.

Gegen die Verleihung der Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen an den früheren CDU-Regierungs­chef Roland Koch werde die hessische LINKE am 1. Dezember in geeigneter Form protestier­en, kündigte Schalauske an. Der Gewerkscha­fter und SPD-Politiker Wilhelm Leuschner war 1944 als Widerstand­skämpfer vom NS-Regime hingericht­et worden. 20 Jahre danach hatte das Land die Medaille als höchste Auszeichnu­ng eingeführt. »Koch steht für massiven Sozialabba­u und war tief verstrickt in die Schwarzgel­daffäre der CDU. Er ist dieser Auszeichnu­ng unwürdig«, so Schalauske.

Hessen ist das einzige größere westliche Flächenlan­d, in dem die Partei seit 2008 kontinuier­lich im Landesparl­ament vertreten ist.

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