Kündigungen wegen Eigenbedarfs
Mietrechtsurteile im Überblick
Die Rechtsprechung zur Kündigung wegen Eigenbedarfs hat in den vergangenen Jahren oftmals zu Gunsten des Vermieters entschieden – auch die Nutzung als Büro oder als gelegentlich zu nutzenden Wohnraum kann hiernach ausreichen, um einen Mietvertrag wirksam zu kündigen.
Aber auch die Interessen des Mieters, der in seiner Wohnung bleiben möchte, werden von den Gerichten berücksichtigt. So in einer Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Tempelhof-Kreuzberg vom 29. Dezember 2016 (Az. 23 C 258/15), auf die die Arbeitsgemeinschaft Mietrecht und Immobilien im Deutschen Anwaltverein(DAV) verweist.
In der Entscheidung hatte der in Schwerin wohnhafte Vermieter Eigenbedarf an seiner vermieteten Wohnung in Berlin angemeldet und den Mietvertrag gekündigt. Der Vermieter gab an, er verwalte zum einen das Haus, in dem die vermietete Wohnung liege und auch weitere Objekte in Berlin. Hierzu sei seine Anwesenheit ein bis zweimal pro Woche regelmäßig erforderlich. Bisher habe er dies durch einen Aufenthalt im Hotel geregelt, diese Mühen und Kosten wolle er nun durch die Nutzung der Wohnung sparen.
Auch weitere im Haus gelegene Wohnungen seien nicht geeignet, da diese zu klein oder zu
schwer zu erreichen seien. Die Mieter räumten die Wohnung trotz Kündigung nicht. Sie waren der Auffassung, die vorgetragenen Gründe stellen keinen Eigenbedarf dar, die Kündigung sei nicht gerechtfertigt.
So sah es auch das Gericht. Zwar sei durch den BGH festgestellt worden, dass auch eine teilgewerbliche Nutzung ausreichen kann. Auch kann die günstigere Lage zum Arbeitsplatz einen Grund darstellen. Dennoch muss die Abwägung der gegensätzlichen Interessen mit Blick auf die Bedeutung der jeweiligen Nutzung vorgenommen werden. Die Wohnung stellt in der Regel den Mittelpunkt der privaten Existenz dar.
Die angegebene Nutzungszeit ist aber hier so kurz, dass sie typischerweise durch andere Unterkünfte, Hotel oder Pension, angemessen abgedeckt werden kann. Gleiches gilt bei nur sporadischen Nutzung über längere Zeit. Auch hier lässt sich der Bedarf des Vermieters auf zumutbare Weise anders befriedigen.
Der Wunsch, das Eigentum zu nutzen ist nicht automatisch vorrangig. Es soll gerade nicht erreicht werden, dass der Mieter weichen muss, nur weil der Vermieter die Wohnung gelegentlich benutzen möchte. DAV/nd
BGH verwies auf gesundheitliche Folgen
Mieter können sich gegen eine Kündigung wegen Eigenbedarfs wehren, wenn ein Umzug eine ganz besondere Härte bedeuten würde, weil er zum Beispiel mit gravierenden gesundheitlichen Folgen verbunden wäre.
Kommt es zu einem Rechtsstreit, muss sich das Gericht eingehend mit der Situation der Mieter auseinandersetzen und gegen die berechtigten Interessen des Vermieters abwägen. Die Wüstenrot Bausparkasse (W&W) weist auf ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 270/15) hin.
Im entschiedenen Fall bewohnte das Mieterehepaar das Erdgeschoss, während der Vermieter mit seiner vierköpfigen Familie das Obergeschoss nutzte. Wegen der beengten Wohnverhältnisse wollte der Vermie- ter auch das Erdgeschoss nutzen und kündigte wegen Eigenbedarfs.
Im Räumungsprozess wehrten sich die Mieter mit dem Argument, der 86-jährige Mann leide an einer Vielzahl von gesundheitlichen Beschwerden, und es liege eine beginnende Demenz vor. Dies habe zur Folge, dass der Umzug in ein Altenpflegeheim die einzige realistische Alternative zum Verbleib in der Mietwohnung darstelle. Seine noch rüstige Ehefrau müsse sich dann jedoch von ihrem Mann trennen oder ihm ins Altenheim folgen. Außerdem wiesen die Mieter darauf hin, dass der Vermieter durchaus auch noch das Dachgeschoss nutzen könne.
Amtsgericht und Landgericht gaben dem Vermieter Recht und sahen die Argumente der Mieter nicht für stichhaltig an. Der Bundesgerichtshof hob jedoch die Urteile auf. Laut der Entscheidung muss das Gericht bei einer solchen Sachlage eingehend prüfen, welche gesundheitlichen Folgen für die Mieter mit einem Auszug verbunden wären und diese gegen die Interessen der Vermieter abwägen.
Sind die Wohnverhältnisse der Familie des Vermieters nicht unzumutbar beengt und wolle diese lediglich ihren Wohnkomfort vergrößern, wiege dies weniger schwer als drohende gesundheitliche Beeinträchtigungen der Mieter. Dabei spiele es auch eine Rolle, ob es den Vermietern zumutbar sei, das Dachgeschoss mit zu nutzen. Um dies entscheiden zu können, müsse das erstinstanzliche Gericht das Gutachten eines Sachverständigen einholen. W&W/nd
Anbietpflicht einer Ersatzwohnung
Eine Eigenbedarfskündigung ist rechtswidrig, wenn der Vermieter über eine weitere, vergleichbare und freie Wohnung verfügt und diese dem gekündigten Mieter nicht als Ersatzwohnung anbietet.
Einen Verstoß gegen die sogenannte Anbietpflicht kann der Mieter dem Vermieter nicht vorwerfen, wenn ihm der Vermieter eine andere Wohnung im Haus angeboten hat, die der Mieter jedoch als »zu teuer« abgelehnt hat. Sofern sich die Miethöhe im »Rahmen des Erlaubten bewegt«, hat der Vermieter damit seiner »Anbietpflicht« genügt und die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist rechtmäßig. So urteilte das Landgericht Berlin am 1. Dezember 2016 (Az. 67 S 323/16). OnlineUrteile.de