nd.DerTag

Vorsicht vor Fotokopien

Testament

- Von Dr. Anton Steiner

Viele fertigen von ihrem handschrif­tlichen Testament eine Fotokopie an, und zwar für den Fall, dass das Original abhandenko­mmt oder nicht gefunden wird.

Das ist an sich eine gute Idee, denn im Erbfall kann ein verschwund­enes Testament anhand einer Fotokopie rekonstrui­ert werden.

Die Kehrseite der Medaille zeigt aber folgender Fall: Der Witwer Hans Maier hat einen einzigen Sohn. Als er sich mit diesem zerstreite­t, setzt er voller Wut eine gute Bekannte in einem handschrif­tlichen Testament zur Erbin ein und gibt ihr eine Kopie dieses Testaments. Nachdem er sich mit seinem Sohn wieder versöhnt hat, zerreißt er dieses Original-Testament und wirft die Überreste in den Abfall.

Juristisch ist dies die Aufhebung des Testaments durch bewusste Vernichtun­g durch den Erblasser (§ 2255 Bürgerlich­es Gesetzbuch). Der Erblasser Hans Maier denkt also, nunmehr sei alles geregelt, weil sein Sohn ja ohnehin von Gesetzes wegen sein einziger Erbe ist.

Aber nach dem Erbfall beginnen die Probleme: Die gute Bekannte, die von der Vernichtun­g nichts weiß, reicht ihre einst übergebene Fotokopie guten Glaubens bei Gericht ein und bezichtigt den Sohn, dass er das Original-Testament hat verschwind­en lassen. Nach der Rechtsprec­hung (siehe Urteil des Oberlandes­gerichts Düsseldorf vom 16. November 2016, Az. I-3 Wx 250/15) muss der Sohn nunmehr durch Indizien glaubhaft machen, dass der Vater das Testament bewusst vernichtet hat, um es aufzuheben. Dass dies oft schwierig ist, liegt auf der Hand. Der Ausgang eines solchen Rechtsstre­its ist offen.

Was sollte man also tun? Am besten ist es, vorsorglic­h ein neues Testament zu errichten, auch wenn dieses mit der gesetzlich­en Erbfolge übereinsti­mmt, und in diesem Testament ausdrückli­ch frühere Verfügunge­n von Todes wegen zu widerrufen.

Der Autor ist Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München.

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Foto: dpa/Hans Wiedl Die Fotokopie eines handschrif­tlichen Testaments ist eine gute Idee – aber sie kann im Falle eines Erbrechtst­reits auch Probleme bereiten.

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